Neue Bilderwelten und Begriffssysteme für Zukunft

Die Hallenser in Sachsen-Anhalt sind zu beneiden, bekommen sie doch demnächst mit dem „Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation“ ein schönes Sahneschnittchen für ihre Stadt spendiert. Glückwunsch! Jetzt sind erst einmal 200 Millionen Euro für den Neubau geplant und ab 2028 will der Bund mit jährlich weiteren 40 Millionen Euro für den Betrieb sorgen. Generös!

Was ich allerdings vermisse, ist eine konkretisierte Programmatik, die deutlich macht, um was es eigentlich geht und was letztlich erreicht werden soll. Dass das geplante „Zukunftszentrum als Symbol eines geeinten Deutschlands“ (siehe dazugehörige Website der Bundesregierung) gelten soll, ist mir aber zu wenig und zu unverbindlich. Ich muss gestehen, dass mir der Begriff Symbol in diesem Kontext zu nahe an dem pejorativ konnotierten Begriff der Symbolpolitik steht. Auch beschleicht mich der Verdacht, dass ein solches Symbol für etwas Vernachlässigtes oder gar für ein schlechtes Gewissen steht. Offenbar scheint es immer noch Leerstellen zu geben, obwohl die deutsche Einheit seit 1990 besteht.

Wie dem auch sei, ein solches Vorhaben ist nach meinem Verständnis ein Paukenschlag und sollte von mehr Leidenschaft und Begeisterung getragen werden. Hierfür müssten neue Bilderwelten und auch neue Begriffssysteme her – als Ausdruck der neuen Inhalte von Transformation. Ich hätte da einen programmatischen Vorschlag für das Wording – man nennt es nicht Symbol, sondern Design. Das würde dann so klingen: „Zukunftszentrum als Design eines geeinten Deutschlands“. Warum? Design ist ein Prozess, der fast immer mit etwas Vorläufigem, sehr selten mit etwas Endgültigem endet. Im Übrigen steht der Begriff auch für Planung und Gestaltung. Eine Konnotation, die auch sehr viel besser zum eigentlichen Vorhaben passt! Das Thema der deutschen Einheit ist (nicht nur!) durch unser föderalistisches System eine politische Daueraufgabe, und zwar eine die sowohl von West nach Ost, als auch von Nord nach Süd reicht. (Liebe Bayern, ich mag euch, aber ich verstehe euch oftmals politisch nicht!) Noch bedeutsamer empfinde ich den Begriff Design im Zusammenhang mit einer europäischen Transformation, die zu planen und zu gestalten ist. Schließlich ist diese ein Marathon-Prozess und Herkules-Projekt mit hoher globaler Relevanz. 

Noch ein Wort zum Gebäude und dem geäußerten Anspruch an die Architektur: Ein Zukunftszentrum zu bauen, setzt Vision, Utopie und ein dezidiertes Verständnis von Transformation voraus! Wenn ich von Bilderwelten spreche, dann sind Bilbao (Frank Gehry) und Sydney (Jörn Utzon) zwar sehr gute Beispiele, aber eben aus der Vergangenheit. Die Architektur eines Zukunftszentrums braucht neue Begriffssysteme, um zu einem neuen Bild von Gestaltung zu kommen. Eines, das durch eine Programmatik profiliert ist, die sich schon jetzt öffentlich diskutieren lässt. Übrigens steht Design auch für Diskurs …

Link: https://www.tagesschau.de/inland/zukunftszentrum-halle-103.html

Link: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/deutsche-einheit/zukunftszentrum-einheit-2059090

Bildquelle: Eigenes Bild