Lieben Sie Krimis? Ich ja! Am liebsten Serien, da ist man schon mit den Protagonisten vertraut, und im Idealfall faszinieren überraschende Wendungen des Plots immer wieder. Interessant in den Krimis finde ich, dass häufig Szenen in einem Verhörraum spielen mit zwei Cops gegen einen Verdächtigen. Im Rücken der Polizisten befindet sich meist ein Fenster mit Spiegelglas, durch das man hinein in den Raum, aber nicht herausschauen kann. Dort beobachten in der Regel auch zwei Kriminaler das Verhör und interpretieren die Aussagen, Mimik und Körpersprache des Verdächtigen. Mir scheint das Fenster mit dem Spiegelglas eine gute Metapher für das Markenkonstrukt zu sein. Wir, die Kunden und der Handel, einigen uns auf die Bedeutung der Markenprodukte, während sich die Hersteller mit ihren Beratern das Marktgeschehen anschauen, beobachten und es interpretieren.
Inflation und drohende Rezession, eine Welt im Umbruch und das Ganze ohne Drehbuch, Menschen leben in Saus und Braus, andere in Angst und Schrecken – eine Gemengelage, die einerseits so spannend wie ein guter Krimi ist, andererseits immer weniger erkennen lässt, wo das Richtige aufhört und das Falsche anfängt. Wenn wieder eindeutig erkennbar sein soll, was für uns und unsere Zukunft gut ist, dann müssen alle Beteiligten eine höhere Dialogfähigkeit in diesen Prozess der Transformation einbringen, der zurzeit noch einem Improvisationstheater ähnelt. Man kann sich immer weniger darauf zurückziehen, dass ja der andere erst seiner Verantwortung gerecht werden muss, ehe man selbst aktiv wird. Und auch das Verstecken und Kungeln in den eigenen Silos wird immer sinnloser.
Für Unternehmen steigen die Anforderungen an die intellektuelle Leistungsfähigkeit und an deren sozio-kulturelle Anpassungsfähigkeit. Werden doch in Zukunft Situationen wie die im Verhörraum – Wer ist warum schuld? – zunehmen. Je eher sie sich mental und strukturell darauf einstellen, um so besser! Vertrauen in diese neue Form von Professionalität wird zur Währung mit hoher ökonomischer Relevanz und unternehmerischer Glaubwürdigkeit. Wenn künftig die Marktwirtschaft sich zunehmend ökologischer entwickelt, wird der Nutzen der Produkte neu verhandelt und damit die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert. Verantwortung wird zum Kapital für die Investition in die eigene Entwicklung und deren gesellschaftlicher Legitimation. Wie sich jetzt schon zeigt, werden Gesetze und sonstige Regelwerke hier Druck aufbauen, um dadurch den Paradigmenwechsel zu stützen und gleichzeitig die Linie zwischen Richtig und Falsch zu verdeutlichen.
In der Zukunft wird man wohl so manche Diskurse der Vergangenheit als Zeitzeugen über Fehler und Versäumnisse aufrufen – so wie die Dialoge in einem Verhörraum über Recht und Unrecht Aufschluss geben. Ich bin gespannt, wie viele Staffeln dieser Krimi noch haben wird …
