In den 1980er Jahren war die Welt noch in Ordnung! Man saß auf dem Sofa mit der Familie, wartete auf die Tagesschau und schaute sich die Fernseh-Werbung an. Die Kinder erfreuten sich am tapsigen Bären, der mit Milchkanne über die Alm torkelte. Für Mama kam der nette, gutaussehende Herr im Anzug, erklärte die einzigartigen Vorzüge seines Waschpulvers und seifte dabei alle Zuschauer gehörig ein. Für Papa gab es atemberaubende Auto-Werbung mit der Skisprungschanze, in der der Sportwagen die Schanze herauffuhr und die Schwerkraft scheinbar außer Kraft setzte. Für die ganze Familie kam die erfolgreiche Bobtail-Züchterin mit ihren niedlichen und kuscheligen Welpen, die das leckere Hundefutter aus der Dose empfahl, was nahrhafter als menschliches Essen erschien. Dann war da diese Mineralöl-Marke, die mit ihren tatkräftigen und heroischen Männern irgendwo in dieser unwirtlichen Welt nach Erdöl bohrte und ganz markig behauptete, dass es viel zu tun gäbe. Na klar, sie packten es auch an! (Sie hätten besser den Bericht des Club of Rome ernst nehmen sollen!) Die Nachrichten kamen, danach wurde umgeschaltet und es gab Unterhaltung im Fernsehen – so beispielsweise die Bill Cosby Show. Später kam heraus, dass der „Star“ dort anpackte, wo echte Gentlemen Respekt vor dem anderen Geschlecht haben und wissen, wie man sich benimmt. Nee, früher war auch sch…
Und heute? Nur Fossile schauen noch Direkt-Fernsehen, Nachrichten sind komplex und anstrengend geworden, der Nachwuchs der Patchwork-Familien starrt in die (un)sozialen Medien und Werbung ist nervig, langweilig, aber immer noch da.
Wir haben akzeptiert, dass uns Werbung nicht ernst nimmt und das Blaue vom Himmel herunter verspricht. Aber die Gesellschaft ist kritischer geworden! Wissen wir doch, dass weitere Umweltschäden zu vermeiden sind. Was mich ärgert, ist einerseits eine Form von organisierter Dummheit und andererseits diese legitime Dreistigkeit, die sogar Bundestagsparteien praktizieren, wenn sie den globalen Klimawandel leugnen und Wahlversprechen abgeben, die sie nie werden halten können. Dann ist da dieses arglose Schwadronieren von selbsternannten Influencern, die zu – meine Meinung – sinnlosem Konsum ermuntern. Oder die Sorglosigkeit der Tourismuswerbung und die Einfallslosigkeit des ÖPNV, wenn dieser seine gesellschaftliche Bedeutung vermitteln will. Bedenkenlos die Werbung, die sich an Kinder richtet, damit diese sich noch süßer und ungesünder ernähren. Rücksichtslos ist Werbung für Autos, die immer größer, schwerer und asozialer werden. Anscheinend skrupellos agieren Unternehmen im eCommerce, deren Modeartikel zu obszön niedrigen Preisen den Markt überschwemmen und nur bedingt recyclingfähig sind.
Ich bin genervt, weil wir trotz besseren Wissens weitermachen wie bisher und Paradigmenwechsel nur ein Buzzword ist. In Anlehnung an Ernst Reuter: Ihr Werber der Wirtschaft, schaut auf diese Welt!
