Wie sich Greenwashing von selbst erledigt

Als Gesellschaft, in der es von allem zu viel gibt, sind wir durch die Werbung eine Kommunikation der Superlative gewöhnt. Immer wird auf die großen Gefühle wie Freude und Überraschung, Liebe und Vertrauen gezielt, auch wenn es um die Klimaproblematik geht. Dabei wäre es angebrachter, wenn Markenversprechen auch einfach mal den Ball flach halten und es bei der Sachlichkeit belassen.

Wer sich nur um sich selbst dreht, verliert den Kontakt zur Umwelt. Und wer selbstverliebt ist, fängt an, sich selbst zu belügen. Marken sind so etwas wie soziale Wesen, wenn auch keine menschlichen. Wenn ein Elektrogeräte-Hersteller für sich reklamiert „Wir gehören zur Familie“, dann manifestiert ein solcher Claim auch die soziale Verantwortung einer Marke. Diesem selbstformulierten Anspruch muss man dann allerdings auch gerecht werden.

Die Beziehung des Kunden zur Marke basiert auf Vertrauen und Zuneigung. Der Kunde ist der Überzeugung, dass er für sein Geld das bessere Produkt erhält. Vertrauen ist in der Regel sehr mühsam und langwierig aufzubauen, allerdings kann es sehr viel schneller zerstört werden. Vertrauen ist ein fragiles Gut im Spiel zwischen Kunde und Marke. Ist der Kunde überzeugt von der Marke, prüft er die Qualität nicht immer aufs Neue. Wird er aber enttäuscht, war es das mit der Liebe.

Welche Rolle spielt hier der Erfolg? Ist eine Marke kontinuierlich erfolgreich im Markt, droht die Gefahr der Selbstgefälligkeit im Management. Die Vigilanz des Managements lässt in der Beziehung zum Kunden nach und im Ehrgeiz, den Markenkern sukzessive zu innovieren. Man lässt die Markenpflege schleifen und spart an der Qualität. Nichts ist gefährlicher als der Glaube an die Selbstverständlichkeit des Erfolgs. Gerade in einer Phase, in der viele Konzepte aus der Zeit des „Wirtschaftswunders“ auf den Prüfstand kommen, bekommen Demut und Fürsorge in der Marktwirtschaft wieder an Bedeutung.

Die nächste Stufe der Verwahrlosung einer Marke ist die Selbstüberschätzung des Managements. Man hält sich für omnipotent und den Kunden für dumm. Es mag Gruppen von markentreuen Kunden geben, die an ihrer Entscheidung grundsätzlich festhalten. Bei vielen Kunden allerdings ist das nicht der Fall und deren latente Wechselbereitschaft ist permanent vorhanden. Das Unternehmen hat seine Kunden nicht nur ständig im Auge zu behalten, sondern sie „wie den eigenen Augapfel zu hüten“.

In Unternehmen, egal ob klein oder Konzern, besteht immer die Verführung, sich in seiner Bubble bequem einzurichten. Warum sucht man nicht neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und NGO’s, zwischen Wissenschaft und Politik? Allianzen sind zu schmieden, die der Herausforderung und vor allem der Komplexität der anstehenden Transformation unserer Gesellschaft gerecht werden und den Prozess tatsächlich voranbringen. Dann würden sich Albernheiten wie Greenwashing von selbst erledigen …

https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/klimaschutz-konsumenten-bestrafen-verdacht-auf-greenwashing-sofort-/29268872.html

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