So sicher wie das Amen in der Kirche: die Welt verändert sich schnell und deutlich. Die Redensart „Da bleibt kein Stein auf dem anderen“ ist eine Zukunft, die als Möglichkeitsform real ist. Wenn es weniger radikal kommt, hätten wir Glück. Egal, in welcher Form der Umbruch seine Richtung nehmen wird, wir sollten uns als Gesellschaft darauf vorbereiten.
Zu beenden ist die divergierende Dynamik der Gesellschaft, deren Fliehkräfte zunehmend Menschen verunsichern.
Überwunden werden muss das unausgesprochene, aber wirkmächtige Prinzip eines gesellschaftlichen Taylorismus, der Wirtschaft und öffentliche Verwaltung trennt. Wenn es anders wäre, hätten wir keine überbordende Bürokratie. Zu überwinden ist auch die Trennung zwischen Politik und Wissenschaftsbetrieb, damit dieser wieder gesellschaftliche Verantwortung übernimmt. Überwunden werden muss auch eine Politik, die sich immer mehr als parteipolitisches Eigenleben darstellt.
Es gibt zu denken, wenn ein konservatives Medium titelt: „Zu satt und träge – Das unterschätzte Deutschland-Problem“ (welt.de 29.9.2024). Oder gefragt wird „Zerstört die Gen Z die Arbeitswelt?“ (zdf.de 13.6.2024). Umbrüche allerorten, Beispiel Arbeitswelt:
Wir leben in einer Arbeitswelt, die ausgeprägt heterogen ist – vom intellektuellen Nerd eines Start-ups zur „Saisonarbeiterin“ in der Pflege, vom privilegierten Angestellten in der Automobil-Industrie hin zum professoralen Beamten mit Altersvorsorge. Am heißesten diskutiert werden die Umbruch-Prozesse in strukturprägenden Branchen. VW ist prominentes Beispiel …
Wenn wir über die Dynamik der Veränderung reden, geht es um einen komplexen Prozess, dessen Spielraum zur Gestaltung verpflichtet – zur Zukunftsgestaltung. Diese ist nur dann möglich, wenn eine Gemeinschaft ein Minimum an gemeinsamen Werten hat. Ansonsten gibt es erhebliche Reibungs- und Zeitverluste. Wir sehen einerseits die Tendenz zu mehr konservativen Werten, andererseits die Dringlichkeit von kreativen Werken. Die Tendenz zu weniger Laissez-faire und doch zu mehr Liberalität ist offenkundig. Wir brauchen mehr Resilienz, aber auch mehr Radikalität im Mindset. Die Lösungssuche funktioniert nicht mehr mit den alten Paradigmen.
Das „Freigehege für artgerechte Werte“ ist eine Metapher für ein gemeinsames Territorium, auf dem man entweder miteinander kooperiert oder sich gemeinsam in Konflikten aufreibt. Artgerecht deshalb, weil das Miteinander sowohl sozial und technisch als auch ökonomisch und ökologisch korrespondieren muss.
Es geht um Identität, und zwar um die kollektive Identität möglicher Annäherungen. Es geht um das Überbrücken von divergierenden Interessen bis hin zu konträren Positionen. Zukunftsgestaltung kann deshalb nicht apolitisch sein, sondern muss einen diskutierbaren Wertekanon zur Diskussion stellen – quasi als „Agent provocateur.“
ZukunftsgestalterInnen sind nicht „Everybody’s Darling“, sondern Persönlichkeiten mit politischer Performanz.