Deutschland braucht Innovationen – dringender denn je. Innovationen bei Produkten und Prozessen, bei Systemen und Strukturen. In fast allen Leistungsbereichen, angefangen bei der Wirtschaft über das Gesundheitssystem bis hin zur öffentlichen Infrastruktur sind wir Mittelmaß und hinken in Effizienz und Effektivität hinterher. Die Automobilindustrie, Deutschlands industrielles Rückgrat hat eine schwere Skoliose, die Politik verirrt sich selbst auf ihren vielen Gipfeln und die Bildung scheint schon länger unter einer Borderline-Persönlichkeitsstörung zu leiden. Und bei der Digitalisierung macht sich eine Form kollektiver Depression breit.
Wenn unser Wirtschaftswunder der 1950er Jahre ein Ergebnis des „Betriebssystems“ unserer Gesellschaft und nicht nur ein „Betriebsunfall“ der Geschichte gewesen sein sollte, dann müssten wir das updaten und wieder hochfahren.
Ja, es ist Zeit zum Aufbruch. Man muss schon sehr realitätsfern sein, um nicht zu erkennen, dass wir vor tiefgreifenden Veränderungen und einer nachhaltigen Transformation stehen. Und man muss schon sehr dickfellig sein, um zu glauben, das alles ziehe am eigenen Vorgarten spurlos vorüber.
Es braucht eine Expedition, die sich auf die Suche nach diesem widerspenstigen „gallischen Dorf“ macht, in dem Menschen leben, die frei denken können und unorthodoxe Konzepte entwickeln und umsetzen können. Die Komplexität nicht reduzieren, sondern sie gestalten wollen. Für die das Suchen von Neuland ein professionelles Abenteuer ist. Störenfriede aller Länder vereinigt euch!
Wenn es dieses Dorf nicht gibt, muss man es erfinden. Und wahrscheinlich braucht es davon nicht nur eines, sondern viele. Die größte Herausforderung wird sein, für ein solches Habitat die passenden Menschen zu finden. Aber vielleicht muss man die nicht suchen, weil sie sich selbst finden.
Eines unserer wesentlichen Probleme ist, dass unsere Bildung nur den disziplinierten und disziplinären Beruf kennt, der sich wie ein Baustein integriert. Wir lernen immer noch die Gesetze der Thermodynamik auswendig, anstatt uns auf die Suche nach ganz neuen Gesetzen zu machen. Neu zu konstruieren sind nicht nur einzelne Gebäude, sondern der Masterplan einer ganzen Gesellschaft – technisch und sozial, ökologisch und ökonomisch, politisch und demokratisch. Dafür sollten wir mehr un-disziplinierte und anti-disziplinäre BauleiterInnen heranbilden, die die Fähigkeit zur „künstlerischen Oberbauleitung“ haben. Es braucht Entdecker und Erfinder, Wissenschaftler und Kreative, Macher und Unternehmer. Menschen, die nach neuen Lösungen suchen und diese untersuchen, die durchsetzen und umsetzen können und wollen. Menschen, die wie Kolumbus Asien entdecken wollen und Amerika finden!
In jeder Kultur und zu jeder Zeit gibt es Menschen, die Ärmel aufkrempeln können und Hände zum Anpacken haben. Und die ihren Kopf nicht zum Abnicken, sondern auch zum Widerspruch gebrauchen. Letzteres braucht es, um Neuland zu entdecken …