Nein, liebe FAZ, das wollen die Grünen nicht. Und ich muss gestehen, dass ich den Kommentar „Wollen die Grünen Deutschland zur Lachnummer machen?“ (10.3.2025, faz.net) für völlig unangemessen halte. Die Grünen verfahren nur nach den demokratischen Spielregeln. Ihnen einen Widerspruch zu versagen, wäre undemokratisch. Nein, das wird jetzt keine Verteidigung der Grünen. Aber ich klage auch nicht die Union und die SPD an, obwohl beide anscheinend die Grünen, deren Zustimmung sie brauchen, in die Verhandlungen nicht eingebunden haben. Dieses Verhalten halte ich für fahrlässig und riskant, wenn nicht sogar für dilettantisch. Wer erwartet, dass die Grünen angesichts der bevorstehenden Grundgesetzänderung die Haken zusammenknallen und ein lautes „Jawoll!“ von sich geben, sollte seine politische Professionalität überprüfen.
Offenbar ist der Begriff des Politikwechsels noch nicht in den Köpfen der Altvorderen von CDU und SPD angekommen. Wer jetzt breitbeinig sein Business-as-usual praktiziert, scheint mit dieser „Zeitenwende“ überfordert. Denn diesen Begriff sollten alle verinnerlichen, die in der Politik und der dazugehörigen Ministerialbürokratie Verantwortung tragen. Politikwechsel ist nicht der Wechsel der politischen Parteien in der Regierung, sondern eine Programmatik, die Deutschland respektive Europa nachhaltig in die Zukunft trägt. Und hier werden sich die künftigen Regierungsparteien fragen lassen müssen, wie sie unser Land und diesen Kontinent positionieren wollen. Relevante Programme brauchen substantiierte Konzepte!
Ich fürchte, dass viele unserer PolitikerInnen hoffen, dass der Trumpismus einer dieser lästigen Erkältungen ist, die eine Woche kommen, eine Woche bleiben und dann noch eine Woche zum Gehen brauchen. Mitnichten! Nach meinem Verständnis ist das nicht nur eine politische Krise, sondern eine moralische Katastrophe, die die Welt verändert. Es geht um nichts weniger als um die Existenzfrage Deutschlands und Europas in der Welt. Ein politisch-philosophischer Diskurs und Schlussfolgerungen für den gesellschaftlichen Umbau sind unabdingbar und längst überfällig. Ein solcher Aufbruch muss auf allen Ebenen der Gesellschaft gelebt werden, sonst unterliegt die Demokratie im Kampf mit Autokratien und Diktaturen. Es braucht auch einen prospektiv-programmatischen Diskurs, ehe Sondervermögen versickern und die Schuldenbremse mit dem Gaspedal verwechselt wird. Die Rahmenbedingen für unsere „alte“ Wirtschaft haben sich verändert – wie muss eine „neue“ Wirtschaft aussehen, die sich in einer (anderen) Zukunft als wettbewerbsfähig beweist? Und wir müssen auch einen projektierend-pragmatischen Diskurs bis in die Gemeinden hineinführen, um nicht permanent über Bürokratieabbau zu sprechen, sondern diesen zu praktizieren.
Zukunft ist kein blindes Fatum, sondern selbst verantwortetes Schicksal! Wer ein besseres will, sollte Gestaltungswillen mit -kraft und Kollaboration verbinden und die Antworten in die Gegenwart holen.
