Wenn wir fünf Kinder uns zuhause stritten, kam eilig unsere Mutter und rief uns energisch zu „Kinder vertragt euch!“ Und wenn wir Geschwister dann mit dem Finger auf den jeweils anderen zeigten, kam der Blick, der uns ruhigstellte. Wenn ich mir die Debatten in Anbetracht der Krisen und Katastrophen anschaue, dann erinnere ich mich sehr schnell an die „Konfliktbeendigungskünste“ meiner Mutter.
Wie wäre es, wenn es eine „Bundesregierung der nationalen Einheit“ mit Beteiligung der Grünen gäbe? Ich halte es für dringlich, dass diese Unkultur der politischen Lamas, auf den anderen zu spucken, ein Ende haben muss. Unser Land braucht schnelle und tiefgreifende Strukturreformen, die nur von einer starken Regierungsbank geleistet werden können. Wenn Demokratie nicht nur die Macht von 51 über 49 Prozent sein soll, dann braucht es größere Mehrheiten, die von der politischen Mitte aus getragen werden. Voraussetzung allerdings ist ein Kanzler, der sich mehr als Coach für eine neue Spielidee seines Teams denn als Chefchen versteht. Jemand, der den Unterschied zwischen Integrieren und Intrigieren sehr wohl kennt. Jemand, der sich nicht in seiner Macht sonnt, sondern der beim Machen ins Schwitzen kommt!
Inzwischen ist es doch offenkundig und völlig unstrittig, dass wir eine Zukunft brauchen, die Deutschland und Europa nicht in den Ausverkauf ihrer Souveränität und damit auch ihrer Prosperität treibt. Es kann nur eine Zukunft sein, die an die Widerstandsenergie und Lebenslust des kleinen gallischen Dorfes erinnert. Und es muss eine Zukunft sein, die von Menschen gestaltet und getragen wird, deren Idealismus christlich (ethisch) und sozial, ökonomisch und ökologisch ist. Deren Ideen so konservativ wie nötig und so progressiv wie möglich sind. In dieser Welt ist kein Platz für Egos und Eitelkeiten, keine Zeit für Hahnenkämpfe und Hengstgepose!
Auch wenn es scheint, dass sich die künftige Koalition aus Union und SPD mit den Grünen beim Schuldenpaket geeinigt haben, kann das das erst der Beginn eines komplexen und komplizierten Problemlösungsprozesses sein. Die Politik Deutschlands muss so ganz nebenbei auch noch den Stresstest für unsere Demokratie bestehen. Und das in einer Zeit, die keine Volksparteien im klassischen Sinn mehr kennt. In diesem historischen Moment kommt den politischen Parteien in Deutschland eine besondere Verantwortung zu. Sie haben es in der Hand, ob wir den Sprung in eine neue Zukunft schaffen oder ob unser Wohlstand und unser Wohlbefinden, unsere Freiheit und unser Fortschritt auf der Resterampe der Restauration verscherbelt wird. Das, was auf uns zukommt, wird jede einzelne Biografie treffen. Aus Vermutungen werden Zumutungen, für deren Ziele es Verständnis braucht.
Verstehen braucht sicherlich Vertragen, aber noch sehr viel mehr als das. Es braucht die Einsicht in die historische Weichenstellung, die wir gerade erleben. Und es braucht die Erkenntnis: Es wird nie mehr so sein wie früher!
