Was ist Utopie?
Sie ist für Kreative der intellektuelle Ortswechsel, der ihre sozio-kulturelle Mobilität immer wieder neu justiert. Es ist für PolitikerInnen das Perpetuum Mobile, das ihre Verantwortung für einen zukunftsfähigen Staat in einen reziproken Modus versetzt. Und es ist der Kiosk am Spielplatz im Quartier, an dem sich Anwohner mit ihren Kindern treffen und über die partizipative Entwicklung ihrer Stadt philosophieren.
Warum wir mehr Utopien brauchen
Utopien könnten das soziale Grundnahrungsmittel einer Gesellschaft sein, die ihre eigenen Geschichten schreiben und ihr demokratisches Format immer wieder neu strukturieren will. Utopie, das ist die Umarmung der Zukunft durch die Gegenwart. Solche Hugs machen das Leben liebenswert und Zukunft für die kommenden Generationen prickelnd. Eine Gesellschaft ohne lebendige Utopien wird zu einem Freilicht-Museum mit „geschlossenen“ Öffnungszeiten! Sind wir auf dem Weg dorthin?
Politik braucht eine programmatische Utopie!
Deutlich wird der Verlust von Utopien bei den politischen Parteien. CDU und SPD, die ehemals großen Volksparteien, schrumpften, weil sie keine politische Vision hatten, hinter der sich wesentliche Teile der Bevölkerung versammeln konnten. Die FDP, ehemals dritte Kraft in der politischen Landschaft, hat jede Zukunftsorientierung verloren und ist auch deswegen nicht mehr im Bundestag vertreten. Die Grünen haben durch eine zu starke politisch-pragmatische „Assimilation“ ihre Mission einer ökologisch geprägten Gesellschaft vergessen. Diese Parteien haben ihre „utopische Substanz“ in den letzten Dekaden verbraucht und sich davor gedrückt, eine neue Perspektive zu entwickeln. Ob sie wohl deshalb an politischer Relevanz eingebüßt und die extremen Ränder stark gemacht haben?
Wie können Utopien entstehen?
Utopien sind genauso wie Dystopien fantasievolle Exkursionen, die beim kritischen Zustand der Gesellschaft starten und optionale Zukünfte für ein besseres Leben der Menschen aufzeigen. Das Erdenken von Utopien beginnt mit einer intellektuellen Naivität, die ohne Scheuklappen zweifelt und Systeme hinterfragt. Diese Form von Respektlosigkeit wird in der nächsten Phase zur konstruktiven Anarchie, die erstarrte, verkrustete Strukturen aufbricht und einen neuen Entwurf zur Diskussion stellt. Nur eine breite Auseinandersetzung mit vielen Akteuren kann sich zu einem produktiven Chaos entwickeln. Utopien zeichnen sich durch ein verschwenderisches Maß an Ideen aus. Neue und zusätzliche Ideen schaffen Anregungen, die diesen kollektiven schöpferischen Prozessen eine poetische Seele verleihen. Poesie als Booster für gemeinsame Träume! Es braucht professionelle Kreativität, um einzelne Bausteine der Utopie in die gesellschaftliche Praxis zu integrieren.
Gerade gesellschaftliche Utopien sind für politische Parteien sowohl ein Mittel der eigenständigen Positionierung als auch Identifikationsangebot für die WählerInnen. Politische Utopien kommunizieren Gestaltungskraft, -wille und -richtung!
