Reiseführer Utopie: 34 positive Essays eines Kulturpessimisten

Utopie – die Pflicht des Gestalters und das Recht des Bürgers

Möglicherweise gehöre ich zu den neuen Kulturpessimisten, weil es mir zunehmend schwerfällt, mich in Optimismus zu wiegen. 

Eine Synopse meiner Wahrnehmung:
Ob unser Gesellschaftssystem mit der Zeit degeneriert ist? Die Menschen vergessen ihre Pflichten, dafür kennen sie ihre Rechte umso besser. Man lebt in Silos, kommuniziert in Echokammern und fährt sogar mit der Blase in Urlaub. Sichtbar werden die Exzesse der Wohlstandsgesellschaft, die längst eine Überfluss- und Wegwerfgesellschaft geworden ist, nicht nur an den überquellenden Altkleider-Containern. Die Politik weiß längst, dass strukturelle Veränderungen erforderlich sind, traut sich aber nicht „ans Eingemachte“. Wir werden zu Gaffern des Weltgeschehens, die zwar sehen, was passiert, aber nicht verstehen, was das mit ihnen zu tun hat. Demokratie scheint uns eine völlige Selbstverständlichkeit. Eine gefährliche Illusion! Ob Desinteresse oder Übervertrauen, das ist den autokratischen Kräften egal – Hauptsache, die Demokratie bröselt!

Eine Gesellschaft, die sich keine Sorgen um ihre Zukunft macht, lässt ihre Institutionen verwahrlosen. Unser Bürokratismus ist gestiegen, weil wir nur noch um uns selbst kreisen und wesentliche Grundlagen unserer Existenz vergessen. Wenn uns auf Fleischverpackungen der Begriff „Tierwohl“ wieder nahegebracht werden muss, dann zeigt das, dass in der Vergangenheit elementare Gesetzmäßigkeiten des Lebens negiert wurden.

Auch wenn Kulturpessimismus angesagt ist, muss man sich selbst wieder intellektuell ausbalancieren. Zu dem, was ich aktuell wahrnehme, brauche ich eine positive Projektion auf die Zukunft. In den letzten Monaten beschäftigt mich daher intensiv der Begriff der Utopie.

In der letzten Zeit sind insgesamt 34 Essays zum Themenkomplex von Utopie und Zukunft entstanden. Häufig sind sie durch das momentane Politgeschehen getriggert, das mir immer wieder zeigt, wie sorglos wir den alten Erfolgsrezepten vertrauen. Mit gutem Grund überschrieb ich eines der Kapitel mit „Politik ohne Zukunftsbild ist blind, Zukunft ohne Politik gibt es nicht …“. Dahinter steckt beispielsweise meine Befürchtung, dass die hohe Schuldenaufnahme („Sondervermögen“) des Bundes darüber hinwegtäuscht, dass die Effizienz und die Effektivität unserer Institutionen zu hinterfragen und Strukturreformen dringend anzugehen sind.

Die Zusammenfassung der Essays habe ich „Reiseführer“ genannt, um das Terrain der Utopie aus möglichst vielen Blickwinkeln zu erkunden. Utopien sind für mich als Gestalter Pflicht und zugleich mein Recht als Bürger dieses Landes. Wenn ich mir die derzeitige Situation der Welt anschaue, dann bin ich zutiefst davon überzeugt, dass es sehr viel mehr Anlässe gibt, über Utopien nachzudenken, als ich sie wahrgenommen habe.

Meine Eindrücke dieser „Reise“ teile ich gerne. Ich freue mich, wenn Sie sie als Angebot für Ihre eigenen philosophischen Reiseerfahrungen nutzen. Viel Spaß beim Lesen!

Utopien sind immer Kritik an der Gegenwart und Konstruktion von Zukunft. Die Skulptur von Gonzales Beltran heißt „Human Rights“ (2005) und steht in F-Straßburg vor dem Council of Europe. (Foto: Autor)