Drei intellektuelle Eruptionen zum selben Zeitpunkt, die allesamt uns einen Vorgeschmack davon geben, was unser Dasein drastisch verändern wird:
Starten wir mit einem Interview, das so ausführlich wie ambivalent ist. „Mit der KI zu verschmelzen, ist der einzige Weg, nicht von ihr beherrscht zu werden“ (30.7.2025, zeit.de) wird Ray Kurzweil schon in der Überschrift zitiert. Er, der mit 77 Jahren Director of Engineering bei Google ist, ist in der Tendenz optimistisch. Gestolpert bin ich über seine Forderung eines „Grundeinkommens“ vor dem Hintergrund einer zu erwartenden „hohen Arbeitslosigkeit“ und „sozialer Unruhen“. Und das angesichts der zunehmenden Tabuisierung des Themas Grundeinkommen! Wenn schon konservative Kapitalisten davon ausgehen, dass ein Grundeinkommen künftig zur gesellschaftlichen Befriedung nicht zu vermeiden sein wird, ahnen sie offenbar schon längst, dass die sozialen Verwerfungen möglicherweise gigantisch werden. Eine weitere seiner Thesen macht mich sprachlos: „Die künstliche Intelligenz wird die menschliche Intelligenz im Jahr 2029 erstmals übertreffen“. Sind wir mit dieser epochalen Umwertung unseres Menschseins überhaupt einverstanden? Und wie gehen wir damit um?
Vielleicht liefert uns ja verfilmte Science-Fiction eine Antwort. Das Bodyhorror-Movie „Together – Unzertrennlich“ von Michael Shanks, vorgestellt in dem Artikel „Wir müssen uns trennen“ (1.8.2025, zeit.de), beschreibt das Verwachsen der Körperteile eines Liebespaars. Es klingt nach einer Allegorie des Verschmelzens zweier Liebenden in einer symbiotischen Beziehung, führt aber zum Verschwinden der eigenen Identität und zu physisch schmerzhaften Trennungen. Auch das ist nicht so weit hergeholt. Wir werden schon heute von „technischen Errungenschaften“ wie Social Media absorbiert, und die Wearables optimieren unser Leben. Was aber, wenn uns die KI auch noch die letzten Reste der Selbstbestimmung nimmt? Was, wenn der Transhumanismus zur neuen Selbstverständlichkeit wird?
„Das KI-Wettrüsten der Tech-Milliardäre hat gerade erst begonnen“, heißt es bei n-tv.de (2.8.2025). Dies stellt für mich die messbare und überprüfbare Skalierung der KI-Revolution dar! In den nächsten fünf bis zehn Jahren werden wohl 2,2 Billionen Dollar in die KI-Infrastruktur investiert. Dieser Geld-Tsunami wird ganze Volkswirtschaften komplett neu organisieren, wenn nicht sogar in die Obsoleszenz führen.
In die neue Weltordnung wird eine noch nie dagewesene Meta-Ebene von Macht eingezogen. Die Gestaltungsinstanz von Gesellschaft ist künftig nicht mehr politischer, sondern technisch-ökonomischer Natur. Sind wir darauf vorbereitet? Unsere Erfahrungen der Vergangenheit dürften uns nicht mehr weiterhelfen, wir müssen die Themen Macht, Gesellschaft und Demokratie vor diesem Hintergrund ganz neu denken.
Vielleicht wird die fünfte industrielle Revolution alle vorgehenden Revolutionen wie einen „Sturm im Wasserglas“ erscheinen lassen!
