Zum Zustand der Zukunft

Hey, Sie! Ja, Sie da aus der zweiten Reihe! Sie gucken so genervt. Kommen Sie mal her. Haben Sie Lust auf einen Streit? Wir werden den Disput mit Margit Wennmachers und Florence Gaub austragen. Interessante Menschen, die der Welt etwas zu sagen haben und fremde Meinungen als bereichernd ansehen. Lassen Sie es uns versuchen …

Margit Wennmachers ist Deutsche, aber im Silicon Valley sozialisiert und behauptet „Europa ist ein Museum“ (27.11.2025, faz.net). Ihre Begründung lautet, dass wir meist weit hintendran sind, zum Beispiel beim Thema Software, dafür aber beim Regulieren vorne liegen, zu wenig Arbeitsfleiß haben und zu wenig Ja zu Innovationsmöglichkeiten sagen. Haben wir ein Mentalitätsproblem? 

Was sagen Sie denn dazu? Widerspruch?

„Quatsch, wir sind nicht einmal mehr ein gutes Museum.“ 

Oh, eigentlich dachte ich, dass Sie, meine Wahl aus dem Publikum, widersprechen würden, aber es kommt offenbar schlimmer. 

„Museen sammeln Zeitzeichen und stellen sie zur Interpretation in ihren Kontext. Wir sammeln nur negative Erfahrungen, aber lernen nichts daraus. Weder aus dem Desaster des Berliner Flughafens noch aus den Katastrophen des Stuttgarter Bahnhofs. Zu den Aufgaben des Museums gehört auch das Bewahren. Wie gut Deutschland darin ist, sieht man an unserer maroden Infrastruktur. Wir bewahren nicht einmal das, was für alle systemrelevant ist. Museen erforschen auch Entwicklungen, z.B. woran Imperien wie das der Römer gescheitert sind. Wir aber tun immer noch so, als wären wir die Größten. Ach ja, Museen stellen auch aus. Das können wir! Und zwar jeden Tag der Deutschen Bahn ein schlechtes Zeugnis. Wir, ein Museum? Schön wär’s …“

Oh ha! Ich merkte, bei meinem Gesprächspartner ist Feuer unterm Dach. Wenn das so weiter geht …

Florence Gaub ist ebenfalls Deutsche und arbeitet an der NATO-Militärakademie in Rom. Ihre Erkenntnis: „In den Nullerjahren verschwand die Zukunft“ (27.11.2025, zeit.de). Hintergrund ist eine Untersuchung, dass in den Reden des Deutschen Bundestags der Begriff Zukunft nicht mehr auftaucht. Und wenn doch, negativ. 

Ob ihre Aussagen zu einer besseren Stimmung beitragen? Ich merkte, wie mein Gesprächspartner tief Luft holte …

„Zukunft? Welche Zukunft? Meinen Sie die aus den Wiedervorlagemappen der PolitikerInnen? Oder meinen Sie die Zukunft, die andere für uns entscheiden? Oder meinen Sie etwa die Zukunft, die unter Reformstau leidet und seit Jahren immer wieder vertagt wird, um in irgendwelchen Kommissionen dann endlich doch im kleinen Kreis beerdigt zu werden? Oder meinen Sie die Zukunft, die durch den politischen Kalender der Wahlen bestimmt wird? Zukunft in Deutschland ist wie die Zeitung von gestern – veraltet!“

Tja, da hatte ich wohl den falschen Gesprächspartner für die Gegenrede ausgesucht. Ob er der Einzige ist, der so tief und nachhaltig frustriert ist? Und ist der Zustand der Zukunft tatsächlich so besorgniserregend? 

Zukunft – nur noch etwas für die Sterne?

Über Zukunft wird viel geredet. Aber wird auch genauso viel dafür getan? Zweifel kommen auf … (Foto: Autor)