Götterdämmerung und Jugend-Revolution! 

In Italien der 1960er Jahre wurde im Fußball ein System gespielt, das in die Geschichte als Catenaccio einging. Der Catenaccio war populär, weil er rund zehn Jahre erfolgreich gespielt wurde. Die Kurzformel lautet: Hinten wird abgeriegelt, ballführender Gegner wird gedoppelt angegriffen und vorne macht´s der Mittelstürmer oder der liebe Gott. Seit den 1970er Jahren gilt dieses Spielsystem als destruktiv, weil defensiver Fußball langweilig ist und keine Entwicklung zulässt. Das Prinzip des Catenaccios war schlicht – Tore verhindern! Das, was das Spiel interessant macht, nämlich das Toreschießen, wurde zerstört. 

Mir fällt die Geschichte immer ein, wenn ich sehe, dass unsere Gesellschaft zwar grüne Energie, aber keine Windräder haben will. Wir schimpfen auf das löchrige ÖPNV-System, wollen aber keine neue Bahntrasse. Neues vielleicht, aber Veränderung auf keinen Fall. Wenn ich sehe, wie groß der Reformstau in Deutschland ist, dann kann das nicht nur am politischen Versagen liegen, sondern scheint gesellschaftlich gewollt.

Innovationen wurden lange Zeit nur als unternehmerische und betriebswirtschaftliche Leistung im Rahmen der Wettbewerbsfähigkeit gesehen. Dass aber diese Leistungsfähigkeit auch abhängig von der politischen und vor allem gesellschaftlichen Unterstützung ist, wurde maximal als finanzielles oder fiskalisches Problem verortet. Unternehmen müssten nur in der entsprechenden Höhe investieren, dann ließen sich Innovationen realisieren, so die Annahme. Und weil das immer risikobehafteter wurde, gab es die Subventionen des Staates. Inzwischen, so mein Eindruck, hat diese Subventionspolitik palliativmedizinische Dimensionen erreicht. Ob das der Grund ist, warum der unternehmerische Innovationsgeist im Orkus der Mittelmäßigkeit verschwunden ist? 

Diese Frage allerdings gilt es auch den Protagonisten der öffentlichen Verwaltung zu stellen. Denn die Digitalisierung der Verwaltungsleistungen in Deutschland ist Teil einer transformativen Innovation. Jedoch: Die „Digitalisierung deutscher Behörden läuft schleppend“ (23.9.2025, zeit.de) – befremdlich angesichts der Diskussion um die Dringlichkeit. Wenn kleinere und ökonomisch schwächere Volkswirtschaften in dem Punkt weiter als wir sind, kann das deutsche Defizit nicht nur am Geld liegen. 

Eine Frage der gesellschaftlichen Mentalität? Muss wohl so sein, glaubt man dem Beitrag „Wann schauen wir als Nation wieder nach vorn?“ (18.9.2025, sueddeutsche.de). Wer den Subtext erkennt, sieht dort einen neuen Ton der Hoffnungslosigkeit und der Depressivität, der im Satz gipfelt: „Ein ängstliches Land von gestern.“ 

Wie lässt sich dieser Catenaccio überwinden, an dem jede Veränderung als Voraussetzung für intelligente Innovationen abprallt? Ich glaube, dass es eine Art von Jugend-Revolution geben muss, die nachhaltige Neuerungen mit Mut und Macht einfordert. Das „Establishment“ ist verzagt und hat versagt – Götterdämmerung! 

Dieses Land braucht einen neuen Geist! 

Ob dem „Herbst der Reformen“ Ein „Frühling der Frustration“ folgt, wird sich zeigen. Was dennoch sein muss, dass unserer Gesellschaft ein neues positives Bewusstsein für Innovationen entwickelt …