In meinem Berufsleben als praktizierender Designer war ich eigentlich immer mit Zukunft respektive Zukunftsgestaltung befasst. Allerdings war der Zeithorizont überschaubar – meist ging es um die Zukunft in einem Jahr, auch um die in fünf Jahren. Zumindest seinerzeit wurde in Organisationen und Unternehmen im Kontext von Design so gut wie nie über ein paar Jahre hinaus nachgedacht. Das machte das Arbeiten einerseits praktikabel, andererseits blieb am Ende der Projekte bei uns ein mulmiges Gefühl. Beruhte doch der Moment des Machens auf den „alten“ Paradigmen von Progression. Konnten diese ausreichend sein? Wir wissen heute, wie wenig verlässlich sie sind …
Anfang 2000 wechselte ich die „Fronten“ und wurde Hochschullehrer. Berufen für Design und Management, änderte sich meine Sicht auf die bisherigen Planungshorizonte. Zentrales Merkmal von Führungskräften im Management ist, dass sie Entscheidungen von langfristiger Tragweite treffen und dafür Verantwortung übernehmen – und das bei immer wechselhafteren Paradigmen. Mir wurde klar, dass der akademische Nachwuchs mehr denn je Kompetenzen für langfristige Zukunftsplanung unter disruptiven Voraussetzungen benötigte. Dafür braucht es Befähigungen auf individueller und auf organisationaler Ebene. Im Zentrum dabei: die Fähigkeit, komplexe Probleme zu lösen.
ManagerInnen dürfen einerseits vor paradoxen Situationen nicht kapitulieren. Sie müssen an dem Status Quo ihrer Professionalität laufend arbeiten, um konstruktive Handlungsfähigkeit wirksam werden zu lassen. So sind Innovationsprozesse nicht nur zu lernen, sondern auch unter völlig veränderten Rahmenbedingungen schnell wieder zu verlernen und offen zu denken. Dafür brauchen sie selbstkritische Reflexionsfähigkeit.
Auf organisationaler Ebene zählt zum einen die Fähigkeit, Komplexität zu durchdringen und beherrschbar zu machen – ein wichtiger Rahmen für Effizienz und Effektivität der Planung. Zum anderen geht es darum, für das Unternehmen eine Advanced Corporate Strategy zu entwickeln und umzusetzen, die sich in schnelllebigen Umwelten behauptet und den Zukunftskurs hält. Dies sind die Voraussetzungen für verbindliches Handeln.
Zukunftsgestaltung durchläuft Phasen der Un-Ordnung, die verunsichern. Wer gelernt hat, offen zu denken und verbindlich zu handeln, bleibt der Souverän in der Erneuerung. Studierende, die heute ihren Bachelor und später ihren Master als akademische Abschlüsse machen, betreten in fünf Jahren den Arbeitsmarkt. Und dort werden sie sich rund 40 Jahre behaupten müssen. In dieser Zeit werden sie fünf bis acht unterschiedliche Karrieren durchlaufen. Ob das immer in ihrem studierten Beruf passiert, darf bezweifelt werden. Daher haben Hochschulen die vorrangige Aufgabe, zukunftsfähiges Wissen zu vermitteln und zukunftsfähige Berufsprofile zu initiieren. Es sind Skills zu lehren, die es Studierenden ermöglichen, selbstermächtigend zu lernen und verbindlich zu handeln.

