Jamsession als Prinzip von Führungsteams

Wenn ich nachts wachliege und nicht einschlafen kann, stehe ich auf und schreibe entweder an neuen Posts oder genieße Musikclips auf YouTube – am liebsten Jamsessions mit prominenten oder auch mir völlig unbekannten Musikern. Ich sitze dann da, nachts auf der Couch, und bin begeistert von der Spielfreude, der Improvisation und den wechselnden Soli verschiedener Instrumente.

Irgendwann einmal habe ich mir gedacht, wie schön wäre es, wenn sich das Prinzip Jamsession auf Führungsteams übertragen ließe. Oft genug scheitern Unternehmen und Organisationen, weil die Führungsriege nicht harmoniert und sich gegenseitig ausbremst. 

Jamsession würde bedeuten: Es gibt keine Alphatiere, keine Egos, die sich in den Vordergrund schieben, kein stures Festhalten an alten Routinen. Stattdessen gibt es ein kongeniales Zusammenspiel: Exzellenz, im eigenen Fachgebiet gehört das einzelne Mitglied des Führungsteams zu den Besten; Ehrgeiz, jeder will immer das Maximum an Lösung aus einem Problem herausholen; Egalité, das Ego verhält sich wie ein Gleicher unter Gleichen. Alle sind kreativ, weil Transformation die Improvisation braucht. Ihre Prioritäten sind sachorientiert, nie persönlich motiviert. Sie wissen, dass sie Teil einer Problemlösungskompetenz sind, die nur zusammen zur Geltung kommt – das Führungsteam ist der Star!

Warum das so wichtig ist? Das Management von Projekten und Prozessen, von Unternehmen und Organisationen steht und fällt mit den agierenden Menschen. Wenn sie das Prinzip Jamsession praktizieren, verstehen sie Wirtschaft und Berufswelt nicht als fundamentalistische Religion. Sie haben in ihrem Job auch Spaß an Erneuerungsprozessen, sie sind experimentierfreudig und lernen jeweils von den anderen, ohne ihre unternehmerische Professionalität zu vernachlässigen. Im Gegenteil, diese ist Basis für den orchestrierten Erfolg des Neuen.

Die Idee der Jamsession als Führungsprinzip geistert in meinem Kopf herum, wenn ich über Antworten für das Interview von Sven Neumann mit mir #NavigatingChange nachdenke. Eine seiner Fragen: „Wie befähigt man Führungsteams zum Sowohl-als-auch von Effizienz und Innovation?“ Führungsteams, die nach dem Prinzip Jamsession arbeiten, mixen Bewährtes und Neues, öffnen sich im Problemlösungsprozess für neue Perspektiven und Spielideen ihrer „Bandmitglieder“. Zugleich versichern sie sich aber anfangs ihres gegenseitigen Vertrauens und schaffen Verbindlichkeit, zum Beispiel durch einen (nicht justiziablen) Vertrag, in dem man sich zu den formulierten Zielen und Aufgaben der Transformation mit Unterschrift bekennt. Ein solches Ritual soll allen Beteiligten verdeutlichen, auf welchen Prämissen und nach welchen Prinzipien die Zusammenarbeit läuft. Die Effektivität entsteht durch ein kollektives Verständnis, während die Effizienz auf den individuellen, auch divergierenden Kompetenzprofilen beruht. 

Das komplette Interview von Sven Neumann mit mir wird Ende September 2025 erscheinen. 

Das Bonmot „Andere Zeiten, andere Methoden“ gilt auch fürs Top-Management von Unternehmen. Wenn sich Weltordnungen und Märkte neu bilden, müssen sich auch Unternehmen und ihre Vitalfunktionen anpassen. Hierzu gehören auch die Führungsteams …