Management – fehlt der Zukunft die Sinnlichkeit?

Eine meiner Lieblingsthesen lautet: Design ist nicht das, was die DesignerInnen machen! Sondern? Design ist das, was das Management entscheidet! Wie bitte? Wenn Design das ist, was DesignerInnen machen, dann müssten DesignerInnen entscheiden. Nehmen Sie das Beispiel des Autodesigns. Hier entscheidet das Top-Management, welches Design das Licht der Welt erblickt und welches sich in die dunklen Schubladen des hauseigenen und geheimen Archivs zurückzuziehen hat. Den Menschen, die meine These anzweifeln, würde ich entgegenhalten, dass es zwei Entscheidungsräume gibt: Den der finalen Phase, wenn man sich für das eine und gegen das andere entscheiden muss. Aber wichtiger ist der Entscheidungsraum, der vor dem Beginn eines jeden Designprozesses steht und der den Freiraum determiniert, vom Jetzt abweichen zu dürfen. Entweder wird den DesignerInnen explizit mitgeteilt, dass sie progressiv denken dürfen, oder sie spüren sehr deutlich den Wind des Konservativen.

Als ich heute Morgen meine Zeitungen las, fiel mir der Artikel auf „Hilfe, wieso werden die Autos immer hässlicher?“ (4.9.2025, sueddeutsche.de). Die von Gerhard Matzig respektlos, aber lustvoll formulierte Kritik am Automobil-Design zerpflückt den Begriff des futuristischen Designs, der sich auch für mich als marktschreierisches Wortgeklingel ahnungsloser Werbe-Praktikanten entlarvt. Matzig stellt die ketzerische Frage „Sind Autos zu futuristisch – oder doch nur zu banal?“ Vieles wird uns als tolles, in die Zukunft gerichtetes Design verkauft, das im Grunde belanglos, langweilig, austauschbar und völlig „un-innovativ“ ist. Und selbst das Design des Concept C von Audi ist nach meinem Verständnis nur die weitere Variation eines Themas – zwei Menschen zwischen vier Rädern. Futuristisches Design, also Zukunft vorwegnehmende Gestaltung, ist sehr viel weiter von den Sehgewohnheiten entfernt und in seiner Ausprägung sehr viel radikaler. Tatsächliches Future Design aktiviert den konstruktiven Rezipienten in uns und lässt uns von einem neuen Leben in einer neuen Zukunft träumen.

Aber vielleicht ist es ja genau das, was wir nicht mehr können – träumen! Jedenfalls geht Sebastian Matthes, Chefredakteur beim Handelsblatt, davon aus. So trägt sein Editorial die Überschrift „Warum Deutschland das Träumen neu lernen muss“ (5.9.2025, handelsblatt.com). Seine Kritik: „Die deutsche Wirtschaft hat so konzentriert daran gearbeitet, die Vergangenheit zu optimieren, dass sie den Blick für die Zukunft verloren hat.“ Wenn ich beispielsweise das Autodesign nehme, muss ich ihm beipflichten. Zukunft ist nicht die Fortschreibung von Gegenwart! Und wenn ich dann lese „Merz lädt Auto- und Stahlindustrie zu Gipfeltreffen im Kanzleramt ein“ (3.9.3035, zeit.de), dann ist dieses Vorhaben sicherlich nicht falsch, aber ob es neuen Zukunftsindustrien frischen Wind gibt, darf bezweifelt werden. 

Es mangelt dem Management an der Sinnlichkeit, der Zukunft ein Design zu geben …

Es mangelt dem Management an der Sinnlichkeit, der Zukunft ein Design zu geben …