Zu Beginn meiner Karriere sagte mir ein Personalberater, dass seiner Meinung nach die Probleme in den Unternehmen zu 90 Prozent Personalprobleme sind. Es sitzen zu viele Leute auf den falschen Stühlen! Wenn ich dem Artikel „Warum Unternehmen ihre Führungsposten anders besetzen müssen“ (29.8.2025, handelsblatt.com) Glauben schenke, scheint mein damaliger Personalberater mit seiner Behauptung Recht gehabt zu haben. „Unternehmen verlieren an Schlagkraft, weil strategische Entscheidungen nicht mutig getroffen oder Veränderungen blockiert werden.“
Vielleicht klingt das für manche etwas übertrieben, aber deutlich ist, der Handlungsbedarf in der deutschen respektive europäischen Wirtschaft ist enorm groß. Auch fehlt es an Zeit, die weiter „verquatscht“ werden könnte.
Im demnächst erscheinenden Interview von Sven Neumann (#NavigatingChange) mit mir geht es auch um das Thema „Bilateraler Gestaltungswille von Staat und Unternehmertum“. Wie können beide Zukunft neu definieren und gemeinsam gestalten? Ich denke, dass sich beide „Institutionen“ unserer Gesellschaft zu sehr voneinander entfernt haben und den anderen zu wenig wertschätzen. Gegenseitige Akzeptanz und der notwendige Respekt haben in den letzten Jahren gelitten. Weder Wirtschaft noch Politik werden allein das Ruder herumreißen können! Solche Termine wie der Investitionsgipfel im Bundeskanzleramt sind sicherlich publikumswirksam („Große Summe für ein großes Ziel“, 21.7.2025, tagesschau.de), aber ob strukturell nachhaltig, ist zu bezweifeln. Weniger Show, mehr „konzertierte Aktion“! Politisches Teambuilding darf nicht hinauslaufen auf „Außer Spesen nix gewesen!“
Stattdessen würde ich mir mehr einen öffentlichen Co-Working-Space wünschen, in dem die Vorschläge der „Initiative für einen handlungsfähigen Staat“ auch tatsächlich von der Papierform „ins Doing kommen“. Aber wenn es sofort in einem Kommentar heißt „Wunder sind nicht zu erwarten“ (15.7.2025, faz.net), dann scheint schon niemand mehr an einen Aufbruch zu glauben. Dabei braucht Deutschland mehr denn je einen Masterplan der Transformation, wenn beispielsweise Donald Trump mit seinen Zöllen richtig Ärger macht!
Was wäre wenn…? Wenn sich Staat und Unternehmertum nicht mehr gegenseitig mit Forderungen und Schuldzuweisungen bekriegen würden? Wenn der Staat aufhört, den Bürokratieabbau nur anzukündigen, sondern den tatsächlich realisiert? Wenn die Wirtschaft wieder den Anspruch auf Innovationsführerschaft erhebt und den auch lebt?
Ja, abduktives Denken verlangt ein Ausbrechen aus der Komfortzone, weil es eben kreativ-intellektuelles Neuland betritt. Natürlich riskiert auch dieses interpretativ geprägte Denken den Irrtum. Aber es erweitert die Handlungsoptionen, die Möglichkeitsräume und schützt vor bösen Überraschungen, weil man sich einen Plan B vorstellen kann. Abduktives Denken verlangt den Dialog und der lässt sich am besten in einem Coworking-Space realisieren.
