Innovation – nur Lippenbekenntnis für Sonntagsreden?

Es hörte sich nach einer Marginalie an: „Deutschland ist laut Vereinten Nationen jetzt sogar aus den Top Ten der innovativsten Länder geflogen.“ Der Satz fiel in der ARD-Sendung „Wirtschaft vor acht“ vom 16.9.2025. Kontext war die Darstellung der kritischen Situation unserer Industrie. Deutschland wurde nämlich von seiner ehemaligen „Werkbank“ überholt – China auf Platz 10 und Deutschland auf Platz 11. 

Wenn ich früher in meiner beruflichen „Peer Group“ an Hochschulen über nachlassende Wettbewerbsfähigkeit sprechen wollte, bekam ich oft zu hören, dass davon die Welt ja nun nicht untergeht. Ich habe mir die Frage gestellt, warum Ehrgeiz und Ambitionen im Rückwärtsgang unterwegs sind? Und mit welchem Recht schimpfen wir eigentlich auf unsere gut bezahlten Rumpel-Fußballer, die angeblich keine Gewinner-Mentalität haben und denen die „Gier des Siegens“ fehlt?

Alles kein Problem. Wenn da nicht gleichzeitig noch Mario Draghi wäre, der schon vor einem Jahr grundlegende Wirtschaftsreformen in den europäischen Staaten einforderte. Ganz explizit sprach er in seinem Bericht zur Zukunft der europäischen Wettbewerbsfähigkeit von der „Innovationslücke“ zu den globalen Wettbewerbern, die es dringendst aufzuholen gelte. „Warum Mario Draghi Europas Niedergang befürchtet“ (16.9.2025, sueddeutsche.de). Doch ein Problem! 

In meinem stillen Kämmerlein frage ich mich, warum das Thema Innovation in Deutschland respektive in Europa zum Lippenbekenntnis für Sonntagsreden verkommen ist? Selbst wenn das Rutschen von Platz 10 auf Platz 11 nicht sofort existenziell wird und selbst wenn man Herrn Draghi ein Klappern mit dem Sargdeckel unterstellt, wäre es mehr als angebracht, wenn das Leistungsmerkmal der Innovation auf der volkswirtschaftlichen Agenda ganz nach oben klettert. Denn das hätte zur Folge, dass wir nicht mehr dem Irrglauben erliegen, Innovationen ließen sich bei Bedarf wie das Kaninchen aus dem Hut zaubern. Innovationen sind nicht nur am Ende das Produkt für den Markt, das dem Unternehmen seine Existenz finanziert. Innovationen sind die richtigen Voraussetzungen am Anfang und nur dann möglich, wenn die Unternehmenskultur adäquat fürs Ziel aufgestellt ist. Die Menschen im Unternehmen brauchen Prozesse, die flexibel sind und ihnen die Möglichkeit geben, Neues auszudenken und auszuprobieren. Gerade interne Strukturen brauchen ein motivierendes Klima. Und noch etwas: Innovative Entwicklungen sind immer auch inter- und sogar transdisziplinäre Prozesse! Je durchlässiger die Hierarchien und kooperativer die Abteilungen, desto höher der Output an Innovationen.

Um besser zu sein als der Wettbewerb, darf man sich nicht nur mit sich selbst beschäftigen – es braucht eine intensive Innen-Außen-Beziehung. Eine offene, auf Austausch basierende Unternehmenskultur lebt die sich aufeinander beziehende Trias Kommunikation-Kreativität-Innovation. Das eine ohne das andere funktioniert nicht!

Innovation ist kein Einmal-Kraftakt, sondern Ergebnis einer andauernden Unternehmenskultur: Ohne Kreativität keine Innovation! Ihnen Innovation keine Kommunikation! Ihnen Kommunikation keine Kreativität!