Bildung – mit Highspeed statt Schneckentempo in die Zukunft!

Ob wir es wirklich eines Tages erleben werden? Dass das Primat des Faktenwissens an Schulen und Hochschulen fällt? Schon lange plädieren Bildungsexperten dafür, Wissen in Handlungsbezüge einzubetten und Lernen als Problemlösungsprozess zu gestalten. Und sie wissen, warum: Der digitalisierte Alltag macht es Lernenden leicht, auf umfangreiche Wissensbestände zuzugreifen. Zudem wird unsere Welt von Tag zu Tag komplexer. Es braucht daher kritisches Denken, um die richtigen Fragen zu stellen, und Kreativität, um an neuen Lösungen mitzuwirken. Und es braucht die Fähigkeit zur Kollaboration und Kommunikation in gemeinsamen Lernprozessen. 

Ist Faktenwissen damit out? Dieser Frage geht Roger Spindler in dem Interview „Die Zukunft des Lernens“ nach. In gewisser Weise ja, so die Antwort des Bildungsexperten. Mit dem Faktenwissen, wie es in der Vergangenheit gepaukt wurde, lässt sich die Gesellschaft von Morgen nicht gestalten. Dagegen steigt rapide die Bedeutung der Kompetenz, Wissen beurteilen zu können, um daraus Handlungsfähigkeit und Erkenntnisse für die Zukunft zu gewinnen. Damit schlägt auch die Stunde neuer Prüfungsszenarien, so Spindler. Dazu gehören etwa Portfolios und Journale, generell Leistungen, die über eine längere Zeit entwickelt werden. Solche Prüfungsformen entsprächen auch eher der Realität der Arbeitswelt, Stichwort „New Work“.

Mit diesen Thesen rennt Spindler gewiss offene Türen bei all jenen ein, die sich um das Schneckentempo sorgen, mit dem sich das Bildungssystem schleichend bewegt. Auch in meiner Forschungsarbeit über Employability (Kern 2020) lautete der Schluss, dass Hochschulen noch weit davon entfernt sind, Studierende auf die Anforderungen von morgen vorzubereiten – auf komplexe Problemlösefähigkeit, auf Innovativität und Umgang mit Komplexität. In einem Beitrag für die Zeitschrift „Weiterbildung“ (1/2021) haben Ulrich Kern und ich über unsere Erfahrungen mit Design Teaching berichtet. Eine Methode, die sich in dem Kontext von „futures thinking“ oder „skills for tomorrow“ bewegt und auf Professionalisierung für die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft zielt. In Teams wird eine intellektuell-modellierende Gestaltung erlernt anhand eines relevanten Problems aus dem Erfahrungsbereich der Teilnehmenden. Im Vordergrund steht das kreativ-planerische Entwickeln von Lösungsansätzen und das Reflektieren des Lösungspotenzials. Der Lehrende ist Prozessbegleiter. Er führt in neue Wissensbestände ein und unterstützt z.B. durch Exkurse in interdisziplinäre Hintergründe. Erzielt werden so Lerneffekte wie systematische Ideenproduktion auf wissenschaftlich-kritischer Basis, Handlungsbefähigung und soziale Kompetenz. 

Die Ideen, Ansätze und Methoden sind da. Aber es braucht das Bewusstsein im Bildungssystem, dass der beste Zeitpunkt für die Umsetzung neuer Konzepte jetzt und nicht erst übermorgen ist. Es gilt, mit Highspeed statt Schneckentempo in die Zukunft der Bildung! 

Bildquelle: Eigenes Bild