Keine Lust auf Varianz?

Ausgerechnet im Design gleichen sich die Studiengänge wie ein Ei dem anderen – jedenfalls die Angebote traditioneller Bauart. Die viel beschworene Originalität und Varianz, die für Designleistungen hochgehalten werden, gelten offenbar nicht für die Angebote der Designausbildung. 

Zu diesem Ergebnis kam meine Auswertung der Kennzeichen von Designstudiengängen im Rahmen meiner Dissertation (vgl. Kern 2020: 104ff.). Hierfür wertete ich empirisch erfassbare Daten aus und befand mich damit auf Neuland, da Designstudiengänge wenig beforscht sind. 

Zehn Merkmale konnte ich ermitteln, die sich als lehrinstitutioneller und konzeptionell-curricularer Standard von Designstudiengängen einordnen lassen. Zum einen sind Fachhochschulen im Design prioritärer Anbieter. Bei ihnen findet sich die Majorität der Studierenden – mit steigender Tendenz. Zum anderen ist die Quote weiterführender Abschlüsse wie Master und insbesondere Promotionen gering. Im Vergleich zu allen Fachrichtungen an Hochschulen beträgt z.B. die Promovierendenquote nur ein Zehntel. Für viele Designstudierende scheint zwischen Uni oder FH, zwischen Bachelor oder Master kein großer Unterschied zu bestehen. Ist dies ein Hinweis auf fehlende Differenzierung der Angebote? Ein weiteres statistisches Merkmal zeigt, dass Design überwiegend von Frauen studiert wird. Somit ist die berufliche Problematik im Design – häufig prekäre Arbeit in Nicht-Normalarbeitsverhältnissen – auch eine Genderproblematik. Übrigens steht der weiblichen Majorität von Designstudierenden eine männliche Mehrheit der Design-Lehrenden gegenüber. Dreimal höher sind deren relative Chancen gegenüber ihren weiblichen Kommilitonen, Professor zu werden. So bleibt auch im Design wissenschaftliches Qualifikationspotenzial von Frauen links liegen. Eine weitere Besonderheit ist die traditionelle Berufungspraxis im Design, die der beruflich-künstlerischen Qualifikation den Vorrang vor einer akademischen Leistung wie etwa einer Promotion gibt. Bleiben damit nicht Potenziale für die Verwissenschaftlichung und Akademisierung des Designs ungenutzt? Das eher künstlerische Selbstverständnis vieler Designstudiengänge zeigt sich auch in dem Festhalten an künstlerisch-gestalterischen Eignungsprüfungen und in der Lehrsituation mit kleinen Studierendengruppen, die stark durch die individuelle Lehrpersönlichkeit bestimmt sind. Typischerweise geht es in der Lehre um das gestalterische Machen mit dem Ziel, individuelle Gestalterpersönlichkeiten zu entwickeln. 

Natürlich hat der traditionelle Zuschnitt von Designstudiengängen seine Berechtigung. Aber ist ein Studienkonzept für alle ausreichend? Warum gibt es nicht differenzierte Konzepte für die verschiedenen Studienstufen und Hochschultypen? Warum wird nicht in der Lehre curricular vielfältig auf die geänderte berufliche Praxis der Kreativwirtschaft und verwissenschaftlichte Arbeitswelt reagiert? Sollte es etwa ausgerechnet im Design an Gestaltungslust und Kreativität fehlen?

Bildquelle: John Foxx Images