Segen und Fluch. Wann endet das eine und wann beginnt das andere?

Warum können wir nicht schneller umschalten – zum Beispiel weg vom Plastik? Vielleicht wegen der alten Management-Regel: Never touch a running System? Diese Erkenntnis (oder doch besser Dogma?) basiert auf einer der wesentlichen Rahmenbedingungen – dem Erfolg! Wenn etwas zur Zufriedenheit aller läuft, scheint ein Eingriff in das funktionierende System nicht erforderlich. Das Hinterfragen fällt aus, Critical Thinking ist offenbar nur Wunschdenken. Zumal die betrachteten Systeme sowohl eine Kompliziertheit als auch eine Komplexität aufweisen, die sich nur noch mehrdimensional erfassen lässt. Erfolg ist so gut wie immer mit ökonomischen Kriterien hinterlegt, während das Funktionieren eine technische Dimension hat. Ökologische Erfolgskriterien scheinen nicht zu existieren. Und so frage ich mich: Warum haben Systeme, die deutlichen Nachholbedarf in Nachhaltigkeit haben, einen so enorm langen Nachlauf?

Beim Besuch der Ausstellung „Plastic Crush“ im Amsterdamer Tropenmuseum wurde mir die janusartige Dualität des Materials unserer modernen Welt einmal mehr vor Augen geführt. Hat doch diese Errungenschaft unseres Fortschritts schon längst die Fronten gewechselt und ist vom Segen zum Fluch geworden. Selbst als Designer, der eher die positiven Seiten der Technologie sieht, muss man akzeptieren, dass Ignoranz fehl am Platz ist. Sind doch die Folgeprobleme des Kunststoffs nicht mehr zu übersehen. Warum sind solche Ausstellungen und andere öffentlichkeitswirksame Projekte immer noch nötig und geradezu unverzichtbar? Die globale Dramatik ist doch längst bekannt. Aber vielleicht wandelt sich gerade das Drama zur Tragödie und der Held kann den final zerstörerischen Crash zwischen Gut und Böse nicht mehr abwenden? Jedenfalls halte ich es für mehr als angebracht, das Worst Case-Szenario als reale Möglichkeit anzuerkennen.

Wie nicht anders zu erwarten, entlässt einen diese Ausstellung nicht mit dem bleibenden Bild der Apokalypse dieser Welt, sondern der Besucher bekommt am Ende doch noch Hoffnung vermittelt. Es ist die menschliche Kreativität (nicht die künstliche Intelligenz!), die offenbar die andere, die schöpferische Seite des römischen Gottes Janus darstellt. Und zwar in Person junger DesignerInnen, die sich dem Thema stellen. Es sind nicht in erster Linie die Projektergebnisse, die Hoffnung wecken, sondern die Ernsthaftigkeit des Engagements und die Zentrierung auf Zukunft.

Link: https://www.tropenmuseum.nl/en/whats-on/exhibitions/plastic-crush

Bildquelle: PhotoAlto (James Hardy)