Die Progression einer jungen Profession

Vor einiger Zeit sprach ich mit einem ehemaligen Hochschul-Kollegen über das Thema der Wissenschaftlichkeit im Design. Mein Gesprächspartner betreibt neben dem Job als Prof noch sein eigenes Designbüro und arbeitet für verschiedene Wirtschaftsunternehmen. Er sieht die Wissenschaftlichkeit im Design eher skeptisch, scheint sie ihm doch den Entwurfsprozess zu verlängern und die Kreativität zu behindern. Ob die Wissenschaft als Störfaktor im Design verstanden wird? Oder ob hier einfach nur ein falsches Verständnis von Wissenschaft vorliegt?

Wie dem auch sei. Wenn jetzt der Rat für Formgebung mit seinem German Design Award den Siegerentwurf eines städtebaulich-freiraumplanerischen Realisierungswettbewerbs in Braunschweig auszeichnet, dann ist das Ausdruck eines neuen Verständnisses von Design und der damit verbundenen gesellschaftlichen Relevanz. Werden hier doch ordnende Metastrukturen in komplexen Planungsvorgängen als Designleistung eingestuft. Das ist gesellschaftlich relevant, weil so Transparenz und Nachvollziehbarkeit für Außenstehende hergestellt werden. So lässt sich Frust in einer Demokratie entgegenwirken und verhindern, dass extrem einfache Politik Zulauf erhält. 

In der DNA des Designs ist der Ausgleich zwischen den disparaten Interessen von Wirtschaft und Umwelt, von Kommerz und Kultur angelegt. Allerdings wurde in den letzten Dekaden diese Fähigkeit immer weniger entwickelt und abgerufen. Es dominierte ein wirtschaftlich orientiertes Dienstleistungsverständnis, das sich auch in den Curricula der etablierten Hochschulen für Design wiederfand. Dafür haben andere Hochschulen den Faden aufgenommen und interdisziplinäre Studiengänge wie „Design and Communication for Sustainability“ (Hochschule Neu-Ulm) eingerichtet oder ein progressives Curriculum in einem Studiengang wie „ZukunftsDesign“ (Hochschule Coburg) entwickelt. Hier wurde Wissenschaftlichkeit integriert – ein Weiterdenken im Design, um für die Zukunft der Gesellschaft kreativ-wissenschaftliche Problemlösungskompetenz zu sichern.

Natürlich wird es weiterhin Hochschulen geben, die Fähigkeiten vermitteln, mit denen DesignerInnen Produkte und Erscheinungsbilder für Unternehmen entwickeln. Aufbauend auf der strategischen Kompetenz werden sie auch Programme für Produktgattungen konzipieren, die auf den antizipierten Wertewandel von Märkten rekurrieren. Aber sehr viel mehr Zulauf werden die Fachbereiche mit Curricula erhalten, durch die Studierende inter- und transdisziplinäre Problemlösungskompetenzen entwickeln, um zukünftig Unternehmen die notwendigen frische Impulse zu geben. Diese neue Generation von ZukunftsdesignerInnen wird zu einer Form der Selbstermächtigung finden, die sie befähigt, neue Probleme und Herausforderungen mit avancierten Methoden und futurologischer Kompetenz zu lösen.

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