Wie definiert man Wohlstand?

Es ist Unterricht und der kleine Michel wird von der Lehrerin aufgefordert, Wohlstand zu definieren. Er überlegt kurz und fängt an zu erläutern: „Das W von Wohlstand steht für Weisheit. Gemeint ist damit unsere Fähigkeit, Wohlstand als Wohlbefinden für alle Menschen zu erkennen. Das O bedeutet Ordnung und besagt, dass wir Strukturen brauchen, die wir verstehen und nachvollziehen können. Das H ist für mich Heimat. Menschen, die ihre Umgebung als Heimat verstehen, wissen sie zu schätzen und behandeln sie pfleglich. Das L steht für Liebe, denn nur Liebe lässt uns Wohlstand erfahren und schätzen. Das S bedeutet Sicherheit und ist für mich ein wesentlicher Teil von Wohlstand. Das T heißt Toleranz! Für mich ist das Andere, also das Gegenteil von mir, nichts Feindseliges. Es ist einfach nur anders …“ 

Die Lehrerin ist mehr als erstaunt und unterbricht Michel. „Um ehrlich zu sein, eine solche Antwort habe ich nicht erwartet. Ich dachte, du würdest sagen, dass Wohlstand ein Haus ist, zwei Autos und drei Urlaube im Jahr. Wie schön, dass du uns damit überrascht. Mach bitte weiter.“ 

„Gerne. Das A von Wohlstand steht für mich für Achtsamkeit. Wenn wir nicht vorsichtig mit unserem Wohlstand umgehen, könnte sich dieser ins Gegenteil verkehren. Was im Übrigen erst recht für das N gilt. Denn das steht für Natur. Wenn wir diese nicht schützen, verlieren wir unsere Grundlagen. Am wichtigsten allerdings ist für mich das D, welches für Demokratie steht. Ohne Demokratie gibt es keinen gerechten Wohlstand für alle.“

Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind rein zufällig. Ich wünschte, es wäre anders. Selbstverständlich ist die Geschichte erfunden. Sie hat noch kein Ende, weil der Unterricht in Sachen Wohlstand für uns alle noch läuft. Den Ausgang der Geschichte dürfen Sie selbst zu Ende spinnen …

Die Dokumentation „Die Erde am Limit – Zu viel Konsum? Zu viele Menschen?“ zeigt sehr eindringlich, dass wir ein angemessenes Verständnis zu unserem Wohlstand entwickeln müssen. Thema ist die „doppelte Überbevölkerung“ auf der Erde. Sehr deutlich macht dies der Satz zu Beginn: „Schon bevor Stefania und Andrea in Mailand überhaupt wach werden, haben sie mehr kommerzielle Energie konsumiert, als Hawas 19-köpfige Familie in einem ganzen Jahr verbraucht.“ (Die 20-jährige Hawa lebt in Äthiopien) Der Begriff „Doppelte Überbevölkerung“ verweist auf zwei gegenläufige Entwicklungen – einerseits kommen in den armen Ländern immer mehr Menschen hinzu, als angemessen versorgt werden können, andererseits verbrauchen in den reichen Regionen immer weniger Menschen immer mehr Rohstoffe und Energie, als die natürlichen Systeme nachliefern können.

Wie wird unser Michel als Erwachsener mit einer Entwicklung, die vielleicht auf einen Crash hinausläuft, umgehen? Wird er über den Genuss unseres materiellen Wohlstands seine Ideale vergessen? Oder sucht er nach Wegen des Ausgleichs? Hoffen wir das Beste …

https://www.arte.tv/de/videos/115507-000-A/zu-viel-konsum-zu-viele-menschen

Bildquelle: Eigenes Bild