Einmal gründlich durchlüften, bitte!

Designlehre und -lehrende kreisen gerne um sich selbst, so meine Erkenntnis. Im Fokus steht oft die als singulär empfundene Entwurfslehre. Der umgebende Kontext – Hochschule und Fächerspektrum, Wissenschafts- und Bildungssystem, Domäne und Wettbewerbsumfeld etc. – interessiert wenig. Und da sich die „singulären“ Lehrkonzepte gleichen, ergibt sich am Ende ein uniformes Bild der Designstudiengänge. Mainstream statt individuellem Profil! 

Als ich zu dem Thema Employability in Designstudiengängen forschte, zeigte sich schnell die Notwendigkeit, das Feld weit auszurollen. Statt selbstreferentieller Verengung sollte eine interdisziplinäre Perspektive den komplexen Kontext beleuchten (Kern 2020). 

In der domänenübergreifenden Untersuchung stand die bildungswissenschaftliche und wissenschaftspolitische Einordnung von Employability als neuer Zielsetzung von Hochschulen im Vordergrund (Kap. 2). Die oft hochemotionale Debatte wurde nachgezeichnet – vom Reizwort zum Reformtreiber. Der empirische Untersuchungsteil offenbarte jedoch die große Kluft zwischen Anspruch und Umsetzung dieser Zielsetzung an Hochschulen, übrigens in allen Fächergruppen. 

Im nächsten Schritt (Kap. 3) wurde aus Sicht von Gesellschaft und Arbeitswelt die Employability-Anforderung begründet. Die Wissensgesellschaft bedingt einen strukturellen Wandel der Arbeitswelt. Wissen und Lernen, Kreativität und Innovation werden zu mächtigen Produktivfaktoren. Die Möglichkeit der individuellen Teilhabe – die Employability von Hochschulbildung – rückt an zentrale Stelle der gesellschaftlichen Agenda. Und doch stellt sie wissenschaftlich noch immer eine große Leerstelle dar, wie Kapitel 4 analysierte. Am interdisziplinären Schnittpunkt von Bildungswissenschaft und Berufspädagogik, von Hochschulmanagement und Wissenschaftsmarketing wurde der enorme Forschungsbedarf in punkto Employability herausgearbeitet.

Die Designwissenschaft und damit die domänenspezifische Analyse rückte mit Kapitel 5 in den Fokus – zum einen das Studienangebot in seiner Struktur und zum anderen die Designwirtschaft mit ihren wesentlichen Tendenzen, Kennzahlen, Spezifika. Die Gegenüberstellung zeigte das enorme Potential auf, beide Bereiche mit Employability-Fokus stärker miteinander zu vernetzen. Eine Aufgabe, die in der Domäne (noch?) wenig Beachtung findet. Designlehrende von drei Hochschulen kamen im Kapitel 6 zu Wort und stellten ihre Lehrkonzepte vor. Sie erläuterten ihre Handlungschancen, aber auch Restriktionen vor dem Hintergrund der hochschulischen Entwicklung. Aus den interdisziplinären Vorarbeiten ließen sich Handlungsfelder (Kap. 7) ableiten und skizzieren, wie eine Employability-Ausrichtung von designwissenschaftlichen Studiengängen gelingen könnte.

Der interdisziplinäre Parforceritt durch die Problematik zeigt auf: Die Designlehre darf sich nicht länger in ihren Traditionen und Glaubenssätzen einmauern. Sie muss Tür und Tor für Neues öffnen und mal gründlich die Bude durchlüften …

Bildquelle: Eigenes Bild