DesignerInnen – kein Auskommen mit dem Einkommen

Es lohnt sich genau hinzuhören, wenn sich ein internationales Schwergewicht des Designs wie Hartmut Esslinger zu Wort meldet. So geschehen anlässlich des 70jährigen Bestehens des Rats für Formgebung, das mit einer Design-Debatte in der Frankfurter Paulskirche begangen wurde. Hier äußerte sich Esslinger zur Designausbildung in Deutschland – allerdings mit einer eher deprimierenden Botschaft. Junge Designer würden schlecht ausgebildet: „Ihre Ausbildung nannte er dilettantisch und berufsfern, ihre Bezahlung schäbig. Ohne Zweitjob kämen die wenigsten über die Runden.“, fasst die FAZ (24.06.2023) Esslinger zusammen. 

Das Desaster, das Esslinger summarisch benennt, lässt sich en détail belegen. Als ich mich im Rahmen meiner Forschungsarbeit zum Thema Employability (Kern 2020) mit den Einkommensverhältnissen von DesignerInnen auseinandersetzte, kam Beklagenswertes zum Vorschein. Einschlägige Quellen berichten einstimmig, wie prekär viele Existenzen im Design sind. So lag noch vor wenigen Jahren das durchschnittliche Einkommen angestellter DesignerInnen bei 2.800 Euro brutto im Monat laut einer Erhebung von Designverbänden, über die das Fachmagazin Page berichtete. Und das ist ein Durchschnittswert. Denn tatsächlich verdienen einige wenige im Design recht gut und sehr viele richtig schlecht. Generell zeigen Rankings, dass das Salär von DesignerInnen im Vergleich zu anderen akademisch qualifizierten Berufsgruppen weit abgeschlagen ist. Oft hilft nur Teilzeitkreativität: Ein ungeliebter Brotjob holt das Geld herein, was der mit Leidenschaft betriebene Kreativjob schuldig bleibt. Zu tun hat diese Situation auch damit, dass sich gerade im Design der Strukturwandel der Arbeit so deutlich niederschlägt wie nirgendwo sonst. Die Designwirtschaft ist zu über 70 Prozent durch Solo- und Mini-Selbstständige geprägt. Rechnet man die Teilzeit- und Mini-Beschäftigten obendrauf, ergeben sich über 80 Prozent atypische Arbeit, wie das BMWi (2019) ermittelte. Das muss man sich mal vorstellen: Für vier von fünf Berufstätigen im Design geht ihre atypische Arbeit mit atypischen Lebensumständen einher wie unsicherer Zukunfts- und Familienplanung – von einer ausgeglichenen Work-Life-Balance ganz zu schweigen.

Warum tun sich das Kreative also an? Offenbar ist ihre Arbeit mit der traditionellen Auffassung ökonomischer Rationalität nicht kompatibel. Für viele DesignerInnen ist kreative Arbeit nicht Zwang, sondern kulturell-künstlerische Selbstverwirklichung. Ihre Leistung wird zwar ökonomisch bewertet, aber für viele scheint der eigene wirtschaftliche Nutzen nicht primärer Antrieb zu sein. 

Sind solche Zahlen und Fakten nicht ein Weckruf für die Verantwortlichen der Design-Ausbildung? Müsste nicht das Designverständnis aktualisiert und die Curricula vieler Designstudiengänge von der vergilbten Patina früherer Zeiten befreit werden? Esslinger selbst rief wohl zu Innovationen in der Design-Ausbildung auf. Ob er wohl gehört wird? 

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Bildquelle: DigitalVision