Die Zeit der großen K´s

Es heißt: „Geschichte wird von Siegern geschrieben“. In der Auseinandersetzung mit der Klimakatastrophe wird es keinen Sieger geben. Alle Menschen dieser Welt werden zu den Verlierern gehören. Wenn es einen Gewinner geben sollte, wird es Mutter Erde sein, die dann Zeit hat, sich von der menschlichen Dummheit zu erholen. Noch (?) entscheiden wir, ob dieser Konflikt vielleicht doch zwei Gewinner haben wird – die Menschheit und den Globus. Wieviel Vernunft steckt noch in uns Menschen? Hierzu ein paar Zahlen:

2022 investierte ein deutscher Autokäufer 42.790 Euro durchschnittlich für seinen Neuwagen (Statista 29.8.2023). Das jährliche Durchschnittseinkommen lag im gleichen Jahr bei 49.260 Euro (Handelsblatt 12.9.2023). In 96 Prozent der Zeit wird das Auto nicht benutzt (alternativ.mobi.info 31.3.2022). 2018 lag die durchschnittliche Betriebsdauer eines PKW bei 45 Minuten am Tag (zeit.de 14.11.2018) und meistens saß vermutlich nur eine Person darin. Dabei werden für Verkehr 12 Prozent der privaten Konsumausgaben (destatis.de 28.11.2023) eingesetzt. Irre, oder? Die Kosten und der tatsächliche praktische Nutzen des Autos im Alltag driften erheblich auseinander…

Am deutlichsten sind die Folgen der Unvernunft in den Städten zu sehen. Die autogerechte Stadt ist ein Relikt von gestern. Die klimagerechte Stadt steht oben auf der Agenda. Doch wie geht das konkret? Einige beispielhafte Aspekte: Der Großteil der Autos müsste raus und die verbleibenden Autos müssten runter von den großen Abmessungen. Rauf mit Grün- bzw. entsiegelten Flächen und rein in die Maximierung des ÖPNV. 

Paris als prominentes Beispiel ist bemerkenswert, weil sich die politischen Entscheidungsträger durch einen wissenschaftlichen Experten für komplexe Systeme und Innovationsprozesse mit dem Fokus auf Smart Cities verstärkt haben. Carlos Moreno, Professor an der Pariser Universität Sorbonne, ergänzt die politische Kompetenz der Bürgermeisterin Anne Hidalgo. Das Tandem von Politik mit Vision und Wissenschaft mit Utopie wird in der Zeit der großen K’s wichtiger: Aufzulösende Komplexität ruft heftige Konflikte hervor; innovative Konzepte erfordern mutige Kreativität; intelligente Kapazitäten sind durch vernetzt denkende Kompetenzen für Planung und Umsetzung zu ergänzen. 

Statt des technisch-bürokratischen Mindsets, das sich an Details festbeißt, braucht eine Politik der Innovation ein konstruktiv-anarchisches Hinterfragen der Ausgangslage und der antizipierten Zukunft. Die Komplexität der wirtschaftlich-urbanen Systeme wird weiter steigen und wird ein vertieftes Verständnis der offen und versteckt konkurrierenden Interessen erfordern. Die jahrzehntelange Bedeutung des Autos hat besonders die deutsche Gesellschaft nachhaltig geprägt und ihre Spuren hinterlassen. Das macht den Veränderungsauftrag besonders brisant. Und doch muss es gelingen, wollen wir nicht zu den Verlierern unserer eigenen Geschichte werden.

https://www.welt.de/wirtschaft/article248733302/SUV-brauchen-zu-viel-Platz-Paris-vor-der-Kampfabstimmung.html?icid=search.product.onsitesearch

Bildquelle: Eigenes Bild