Die Hochschullehre verstrahlt wenig Glamour, wenn es um ihren Reformeifer geht. Meist folgt die Lehre ihren tradierten Regeln und ist auf festen Bahnen unterwegs. Selbst ein relativ betagtes Format wie das Forschende Lernen gilt heute noch als Pionier.
Allerdings führt die Hochschullehre im Vergleich zur aufmerksamkeitsstarken Forschung generell eher ein Schattendasein. Paradox, ist es doch die Lehre, die den akademischen Nachwuchs auf die zukünftige Arbeitswelt vorbereitet; die sicherzustellen hat, dass künftige Generationen den steigenden Anforderungen an Wissenschaftlichkeit und Innovationsbefähigung gewachsen sind. 95 Prozent aller Studierenden suchen ihr berufliches Glück außerhalb der Wissenschaft. Es ist also eine gewaltige Zahl an Studierenden, deren individuelle Zukunft und deren gesellschaftliches Wirkungspotenzial signifikant von einer hochwertigen Lehre profitieren könnten.
Bemerkenswert ist die aktuelle Ausschreibung „Lehrarchitektur“ der Stiftung Innovation in der Hochschullehre. Hier geht es darum, Hochschulen für die Entwicklung innovativer Strukturen in ihrer Lehre zu begeistern. Nicht die individuelle Lehre einzelner Personen steht im Fokus, sondern die Rahmenbedingungen der Lehre, wie sie etwa in Curricula, Studienordnungen etc. in den Fakultäten festgeschrieben werden. Zu oft noch gelten solche Regelungen nur als notwendiges Übel, das aus formalen Gründen „abgehakt“ werden muss. Übersehen wird deren Potenzial einerseits für eine qualitativ verbesserte Lehre und andererseits für einen effektiveren Mitteleinsatz.
Welche wichtigen Weichen über gut geplante Lehrstrukturen gestellt werden können, erfuhren wir (Ulrich Kern, Petra Kern) als Berater einer neu gegründeten Berufsakademie. Hier galt es, die Konzeption sämtlicher Ordnungen und Curricula zweier Design-Studiengänge mit zu gestalten. Innovativ waren die neu geschaffenen Strukturen in zweierlei Hinsicht: über die integrierten berufspraktischen Zeitblöcke der dualen Studienkonzeption und weiterhin über die curriculare Strukturierung in weit gefächerte Themenfelder. So verorteten die Studierenden ihre Lehrinhalte in einem breiten Horizont mit gesellschaftlicher Relevanz. Zudem profitierte die Lehrinstitution von dem großteilig organisierten Lehrangebot durch die Option, weitere Studiengänge zu profilieren und diese ressourcen-ökonomisch zu integrieren. Eine mögliche Lösung auch für den Konflikt, dass die zunehmend heterogenen Studierenden individuelle Studienangebote erwarten, während das Budget der Hochschulen nicht mitwächst.
Die Ausschreibung der Stiftung setzt daher an einem neuralgischen Punkt an. Für die Kompetenzentwicklung der zukünftigen Innovatoren und ProblemlöserInnen unserer Gesellschaft sind neue Lehrstrukturen zu schaffen. Damit Hochschullehre mehr wissenschaftliche Breitenwirkung und positive Strahlkraft entfaltet – jenseits ihrer tradierten Bahnen. Hoffentlich wird diese Chance rege genutzt …