Vielfalt oder viel heiße Luft?

Eine erhellende Analyse bietet der FAZ-Gastbeitrag (05.02.2024): „BWL-Studenten müssen einen von 2000 Studiengängen wählen“. Auf Basis der Website www.hochschulkompass.de untersucht der Autor Klaus Brockhoff die Struktur des Studienangebots in BWL. Eine interessante Parallele ergibt sich damit zu meiner Forschungsarbeit, in der ich gleichfalls die Zahlen des „Hochschulkompass“ auswertete – allerdings für das Fachgebiet Design (Kern 2020). 

Hier werden rund 330 Designstudiengänge gezählt. Die Gesamtzahl ist damit deutlich kleiner, aber Design ist ja auch kein Mengenfach. Rund 30.000 Studierende lassen sich ermitteln, während es in BWL, der Nummer eins der derzeit beliebtesten Studienfächer, knapp 240.000 sind – also achtmal so viele. Was heißt das für Hochschulen? Die Studieninteressieren im Design sind meist nicht vor der eigenen Haustür zu finden, sondern brauchen eher überregionale, oft sogar deutschlandweite Ansprache. 

Hilfreich dabei ist sicher ein Studienprofil, das aus der Angebotsmenge herausragt und sich klar kommuniziert. Wie sieht es damit im Design aus? Zu finden sind Dutzende von Studiengängen mit einer einheitlichen Bezeichnung, wie z.B. Kommunikationsdesign, Industrial Design oder Produktdesign. Die Angaben zu den Studienschwerpunkten lassen keine großen lehrinhaltlichen Varianzen erkennen. Warum macht es nicht konzeptionell zumindest einen Unterschied, wenn ein bestimmter Designstudiengang an verschiedenen Hochschultypen angeboten wird? Meine Recherchen ergaben jedoch: Statt Vielfalt überwiegt eine weitgehende Gleichförmigkeit. Ob an Fachhochschulen, Universitäten oder Kunsthochschulen, ob im Bachelor- oder Masterbereich, es überwiegt das entwurfszentrierte Studienkonzept, das so genannte Theoriefächer nur als Marginalie mitlaufen lässt. Und hier zeigt sich ein wesentlicher Unterschied zu klassischen Hochschulfächern wie Wirtschaft: Diese sind von jeher verwissenschaftlicht und gruppieren ihre spezifischen Lehrinhalte um ein traditionelles Gerüst von Theorien, Erkenntnismethoden und Forschungskonzepten. Anders im Design: Relativ spät an Hochschulen etabliert, hat dieses Fachgebiet bislang zu keiner eigenen Wissenschaftlichkeit gefunden. Und so fehlt kanonisiertes Wissen, an dem entlang sich die Disziplin weiterentwickeln könnte. 

Die Wissenschaftsferne im Design wird auch daran deutlich, dass vor allem an Fachhochschulen Design studiert wird (69 Prozent) und keine 10 Prozent der FH-AbsolventInnen einen Masterabschluss anstreben (an Unis 20 Prozent). Masterstudiengänge im Design scheinen zudem oft an einer Unterauslastung zu leiden. Kein Wunder, dass die nächste wissenschaftliche Stufe, die Promotion, im Design sehr selten erklommen wird …

Was aber der Hochschulkompass auch ausweist, sind weitere circa 180 Studiengänge mit interdisziplinärer Ausrichtung und einem erweiterten Designverständnis. Vielleicht sind von dieser Seite wichtige Impulse für die weitere Entwicklung der Disziplin zu erwarten?

https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/hoersaal/bwl-studenten-muessen-einen-von-2000-studiengaengen-waehlen-19496082.html

Bildquelle: Eigenes Bild