Begeisterung für den Bindestrich

Sie machen alles richtig und sitzen doch auf der Anklagebank. Die Rede ist von Ikea. Wenn man ihr Unternehmenskonzept mit gängigen Lehrbüchern der Betriebswirtschaft und des Designs vergleicht, kann man nur sagen: „Gut gemacht“. Ikea betreibt z.B. ein perfektioniertes „Global Sourcing“ und sammelt Designauszeichnungen ein. Die Kunden pilgern nach wie vor in Scharen durch die Hallen und sorgen für Umsatz. Haben wir nicht alle mindestens ein Produkt mit diesen komischen Namen zuhause? Wie es scheint, hat sich diese Form von Konsum in unser aller Suchtzentrum häuslich eingerichtet und uns so zu Junkies von Billy und Bällebad, Köttbullar und Inbus-Schlüssel werden lassen. Doch schaut man die Arte-Dokumentation „Wie Ikea den Planeten plündert“ (2023), dann wird deutlich, dass Ikea Teil eines großen Problems ist. Trotz allen Wissens um unseren gigantischen globalen Ressourcenverbrauch bleibt dieses strukturelle Problem in unserer Welt bestehen, da wir unser Verhalten und unser System nicht ändern.

Diese Änderung wird ein spannender, aber auch dramatischer Prozess für eine Gesellschaft, die den Turnaround hin zur Nachhaltigkeit schaffen will. Selbst die grundlegende Erkenntnis aller Beteiligten, dass unser Wirtschaftssystem und die damit verbundenen Lebensmodelle keine Zukunft haben, ist kein Garant für einen schnellen Wechsel. Er wird dauern und er wird nur mit Menschen funktionieren, die das Disparate denken und die Intelligenz in die Innovationen bringen können. Und nach meinem Verständnis ist das nur über den Weg der Bildung zu schaffen. Dafür braucht es entsprechende Ausbildungsgänge und auch Bildungsangebote der Hochschulen. Zukunft findet im Kopf statt und von Albert Einstein haben wir gelernt: „Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt“. Es gilt also mithilfe der Phantasie die Grenzen des Wissens zu erweitern. 

In diesem Jahr durfte ich Gutachter im Akkreditierungsverfahren eines Studiengangs sein. Der Master-Sg „Communication and Design for Sustainability“ der Hochschule Neu-Ulm hat vor gut einem Jahr beschlossen, mit Kreativität neue Konzepte für eine in Transformation befindliche Gesellschaft zu entwerfen. Und das gleich interdisziplinär und international, technisch und personell bestens ausgestattet. 

Es sind diese Bindestrich-Studiengänge, die mich begeistern, weil sie das Knowhow verschiedener Wissenschafts-Disziplinen verbinden und dazu befähigen, neue Probleme mit neuen Methoden zu bearbeiten, um zu innovativen Lösungen zu kommen. Auf der fachlichen Kompetenz eines BA-Studiengangs aufgesetzt, werden so wissenschaftlich-generalistische Kompetenzen für komplexe Problemlösungsprozesse gelehrt und gelernt. Und wenn dann noch im Team mit den Möglichkeiten des Forschenden Lernens gearbeitet wird, können sich die Studierenden produktiv in die Wissensgesellschaft integrieren und innovierend die Zukunft gestalten. 

Bildquelle: Eigenes Bild