Kennen Sie eine Gedanken-Schlampe? Ich bin so eine, weil ich meine Gedanken immer auf Zetteln notiere, die auf meinem Schreibtisch ihren eigenen Kosmos bilden. Wenn ich später die Zettel verarbeiten will, kann es passieren, dass ich meine Notiz nicht mehr lesen kann. Oder einfach vergessen habe, was ich mir zu diesem Stichwort gedacht habe. Ja, das ist „schlampiges“ Arbeiten. Aber ab und zu finde ich in diesem mäandernden Wust auch ein paar brauchbare Gedanken wieder. Und dann entsteht daraus ein Essay.
Momentan halte ich kaum etwas für virulenter als das Thema Zukunft. Es ist fast unglaublich, was sich alles an folgenreichen Dramen, Tragödien und Umbrüchen in kurzer Zeit ereignet hat. Ein genauerer Blick zeigt, dass es sich hier nicht um Zufälligkeiten oder gar beliebige Ereignisse, sondern um voraussetzungsvolle Entwicklungen handelt. Die Frage stellt sich, wie zu erkennen ist, welche Weichen die Gegenwart stellt oder die Geschichte schon gestellt hat. Und wohin könnten die führen? Meine grundlegende Einsicht hierzu ist, dass meine Ahnungen über Zukunft immer und unbedingt den Dialog mit anderen Menschen brauchen, um sich überhaupt zu Erkenntnissen zu verdichten. Wenn diese Essays, liebe LeserInnen, sie zu eigenen Inspirationen führen, würde ich mich freuen, wenn Sie diese mit mir teilen.
Sie finden in diesem „Denkzettel“ einen Themendiskurs, der sich mit wesentlichen Fragen zur Zukunft von Gesellschaft, Politik, Wirtschaft analytisch beschäftigt und beim Stichwort „Zukunftsdesign“ auch konstruktive Synthesen liefern will. Grundlage hierfür ist eine Position, die sich ihrer Werte vergewissert und so Transparenz für sich daraus ergebende Handlungsparameter herstellt. Dies halte ich für zentral wichtig, um klare Positionen nicht nur extremen Polen der Gesellschaft zu überlassen, sondern gerade die große Mitte dazu herauszufordern. Die wesentlichen Werte unseres Zusammenlebens müssen dringend neu verhandelt werden, um die gesellschaftliche Resilienz gegenüber extremen Kräften zu stärken. In den letzten Jahrzehnten haben wir zu gedankenlos gelebt und viel zu viel für selbstverständlich gehalten.
Wenn man über Zukunft nach- und vordenkt, wenn man Gedanken mit- und aufschreibt, wird deutlich, dass man es mit dem Menschen an sich zu tun hat. Zukunft ist das, wie wir Menschen leben und welche Weichen wir dabei für uns und auch für andere stellen. Wenn wir in Deutschland demnächst wieder mehr über Zukunft sprechen werden müssen, dann sollten wir auch über ZukunftsgestalterInnen reden. Denn Zukunft ist kein Zufall, sondern Ergebnis gemeinsamer und gezielter Anstrengungen. Wir leben (noch!) in einer Demokratie und da werden Gegenwart und Zukunft von (allen) Menschen gemacht.
Wenn demnächst Wahlen sind und manch einer denkt, er müsse dem Parteien-Establishment einen Denkzettel verpassen, dann sollte er sich des Risikos bewusst sein. Denn das bleibt nicht folgenlos …