DesignerInnen können mehr als Design!

Ob die Welt noch Koffer braucht, weiß ich nicht. Wohl weiß ich, dass die Welt weitere Kreative braucht. Auf einem Flug fiel mir im Kundenmagazin der Airline ein Bericht über einen in Österreich geborenen Designer auf, der in Norditalien sein Unternehmen aufbaut. Er hat einen federleichten, aber dennoch angeblich sehr stabilen Koffer entwickelt, den er selber produziert und vertreibt – was für den klassischen Designer ungewöhnlich ist. Ja, es braucht mehr Kreative, die ambitioniert handeln und innovativ realisieren. 

Mich interessiert die Beziehung zwischen Gesellschaft und Transformationsprozess, der uns vor einer Fortsetzung der Fehler der Vergangenheit bewahren soll. Der Bildung im Allgemeinen und den Hochschulen im Besonderen sollte dabei eine hohe Aufmerksamkeit zukommen. In meinem Fall liegt der Fokus auf dem Design und auf den künftigen DesignerInnen.

Als Professor für Design und Management geht es mir um die Steigerung der Problemlösungskompetenz. Motiviert hierzu hat mich einerseits die unterschätzte Potenzialität der Imaginationsfähigkeit von DesignerInnen und andererseits die vernachlässigte Programmatik eines Innovationscredos – beides im Zeitfenster der Transformation. Vielleicht liegen diese Defizite daran, dass immer noch die Vorstellung vorherrscht, Design sei nur eine Dienstleistung, die am Ende ein materialisiertes Wow-Ergebnis liefert. „Design ist unsichtbar“ wussten Insider zwar schon Anfang der 1980er Jahre, aber offenbar verbreitete sich diese Erkenntnis nicht. Dumm gelaufen!

Dabei werden genau die Fähigkeiten der DesignerInnen zur Imagination und zur Innovierung immer wichtiger. China hat inzwischen Entwicklungs- und Produktionskapazitäten aufgebaut, mit denen die Weltmärkte geflutet werden („Wer soll das alles kaufen?“, FAZ 23.3.24). Und das zu Preisen, die gerade der deutschen Industrie die Tränen in die Augen treiben. Das Stichwort der Deindustrialisierung macht die Runde. Was tun?

Die zentrale Frage stellt sich: Was entwickeln unsere Ingenieure und was entwerfen unsere Designer demnächst überhaupt noch? Die Antwort findet sich in der Eigenheit der Designkreativität, die auf einem lernfähigen, kreativ-wissenschaftlichen Arbeiten beruht. Baut man diese zu einer elaborierten Programmatik der Disziplin aus und verknüpft sie mit den diversen Fähigkeiten der Protagonisten, kann eine multiple Problemlösungskompetenz entstehen. DesignerInnen können mehr als Design!

Es sind die Persönlichkeiten der Designdisziplin, die ihre Profession neu interpretieren. Dabei verschieben sie sukzessive die beruflichen Grenzen ihrer Kompetenz und ermächtigen sich selbst, immer wieder Neuland zu betreten. Als Booster wirkt ein Designverständnis, welches sich als eine (problem-)forschende und (lösungs-)modellierende Disziplin versteht, die sinnstiftenden Nutzen in artifiziellen Umwelten schaffen will. So entsteht die Progression einer Profession!

Bildquelle: Eigenes Bild