Gegner der Klimawende?

Hollywood hat mein Denken beeinflusst: Der Polit-Thriller „Die drei Tage des Condor“ ist dafür verantwortlich, dass ich so viel Zeitung respektive Nachrichten lese. In diesem Agentenfilm entpuppten sich die Guten als die Bösen. Der Held des Films arbeitet als Geisteswissenschaftler, der für den CIA internationale Publikationen auswertet, um daraus Erkenntnisse für den Geheimdienst abzuleiten. Dafür werden auch scheinbar weit entfernte Informationen miteinander verknüpft, zu Annahmen über Bedrohungen verdichtet, die durch nachrichtendienstliche Aktivitäten abschließend verifiziert oder auch falsifiziert werden. Spannend finde ich auch heute noch diese Idee, weil völlig unabhängigen Ereignissen ein gemeinsamer Nenner zugrunde liegt, der ein plausibles Szenario ergibt. Faszinierend auch deshalb, weil in einem solchen Konstrukt plötzlich die Guten zu den Bösen mutieren und ihr schmutziges Geschäft aufgedeckt wird. Seit diesem Filmvergnügen beschäftigt mich die Frage: Ist das vordergründig Offensichtliche die Wirklichkeit und was ist überhaupt Wahrheit? 

Was hat diese Vorrede mit der ARD-Sendung „Wirtschaft vor Acht“ vom 24.10.2023 zu tun? Trotz aller Erfolge der Energiewende wird die Welt die ansteigende Erderwärmung nicht in den Griff kriegen – statt der 1,5-Grad-Grenze werden wir bis zum Ende des Jahrhunderts wohl bei 2,4 Grad landen. Was das bedeutet, kann sich jeder selbst ausmalen, der in den letzten Jahren das Naturgeschehen beobachtet hat. Es stellt sich die Frage, warum die Weltgemeinschaft es offenbar nicht schafft, die Katastrophe abzuwenden – trotz der absehbaren dramatischen Konsequenzen, trotz des Rückenwinds durch das Pariser Klimaschutzabkommen und trotz des Wissens, wie sich die Ziele dennoch realisieren ließen. „Die drei Tage des Condor“ kommen mir dabei in den Sinn. Ob auch hier die Guten zu den Bösen mutieren? Jedenfalls kann man dies vermuten, wenn einem die Dramatik der Situation in „Wirtschaft vor Acht“, deren Aussagen auf dem aktuellen „World Energy Outlook“ der Internationalen Energie-Agentur basieren, vor Augen geführt werden. Warum investiert Big Oil immer noch so hohe Summen in Rohstoffe für alte Technologien? Warum wird die Zahl der Verbrenner-Motoren auf absehbare Zeit noch so viel größer bleiben als die Zahl der Autos mit Elektroantrieb? Warum werden kriegerische Konflikte angezettelt, die sich zum Flächenbrand entwickeln können? Warum kann mit fossiler Energie immer noch enormes Geld verdient werden? 

Die dringend nötige Energiewende scheint in mehrfacher Hinsicht in Geiselhaft: von Akteuren, die die hohen volkswirtschaftlichen Kosten für die nationale Transformation scheuen wie auch die damit verbundenen Verschiebungen in Machtstrukturen; ebenso von Akteuren, die die hohen betriebswirtschaftlichen Aufwendungen meiden wollen, die mit neuen Geschäftsmodellen verbunden sind. Gegner der Klimawende? Ancien Régime scheint noch sehr lebendig zu sein …

https://www.ardmediathek.de/video/wirtschaft-vor-acht/wirtschaft-vor-acht/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3dpcnRzY2hhZnQgdm9yIGFjaHQvMjAyMy0xMC0yNF8xOS01NS1NRVNa

https://www.fr.de/politik/erneuerbare-energien-der-beginn-einer-neuen-aera-92599098.html

Bildquelle: Eigenes Bild