Malen nach Zahlen, aber professionell!

Es war nach dem Besuch des Europäischen Hanse Museums in Lübeck, als wir durch die Lübecker Innenstadt bummelten und ich etwas entdeckte: „Ich bin im Wandel“ war in einem Schaufenster einer leerstehenden Immobilie in der Einkaufspassage zu lesen. Nun ist das für eine Region, die das Motto „Wandel durch Handel“ schon Mitte des 12. Jahrhunderts ganz pragmatisch praktiziert hatte, nicht so ganz fremd und neu. Dennoch hat es mich überrascht. Wahrscheinlich, weil eine solche Feststellung eher von Menschen zu erwarten wäre statt von einem Gebäude, das sich offenbar eine „Bedenkzeit“ genommen hat. 

Wenn man sich das Schaufenster etwas genauer ansieht, erkennt man im Hintergrund eine fotografische Dokumentation mit kurzen Texten zu den jeweiligen Dekaden seit dem Beginn des Wirtschaftswunders in Lübeck. Ich bin sicher, der einheimische Babyboomer und auch folgende Generationen werden die Bilder mit Wehmut betrachten und sich an damals erinnern. Und als BürgerInnen dieser Stadt auch stolz auf ihre damaligen Leistungen sein. Mit Recht! 

Mit demselben Recht, aber mit sehr viel größerer Berechtigung und Dringlichkeit muß sich unsere Gesellschaft die kommenden Dekaden „ausmalen“ – wie werden die 2030er, die 2040er und sogar die 2050er Jahre werden? Dann nämlich ist ein heute 10-jähriges Kind in der Mitte seines Lebens mit 45 Lebensjahren. Und wird vermutlich dann noch gut 25 Jahre arbeiten müssen, um auf eine akzeptable Rente zu kommen. Ich denke, eine solche Vorausschau sind wir diesen Kindern schuldig! „Malen nach Zahlen“ für professionelle ZukunftsdesignerInnen. Und lassen Sie uns ab sofort mit der Gestaltung einer lebenswerten Zukunft beginnen! 

Hierbei können transdisziplinäre Denkmodelle helfen, das erforderliche Zukunftswissen zu generieren – das heute Denkbare und morgen Machbare. Zukunftsdesign und das Konzert anderer Wissenschaften verbindet das Streben nach einer lebenswerten Welt. In immer neuen Kombinationen entstehen kongeniale Lösungen. Dabei dominiert nicht eine Disziplin die andere, sondern sie verstärken sich gegenseitig in vernetzter Organisation. Konvergenzpunkt ist das innovative Potenzial der Disziplinen und ihrer GestalterInnen. Zukunftsdesign ist ein integrierender Prozess und intelligenter Teil eines komplexen Ganzen. Dabei spielt die Antizipationsfähigkeit eine große Rolle: Interpretation von Aufgaben, Imagination von Prozessen, Vorausdenken von Zukünften.

Zukunftswissen verweist auf die Notwendigkeit, den eigenen Kenntnisstand immer wieder auf Aktualität und Innovationsfähigkeit zu überprüfen. Mit Prognosen und Konzepten, Experimenten und Hypothesen für Morgen wird die Anschlussfähigkeit gesucht. Zukunftswissen ist spekulativ und bedarf der diskursiven Auseinandersetzung mit Beteiligten und Betroffenen. So entsteht eine futurologische Perspektive, die intuitive Erkenntnisse über die Programmatik von Zukunft generiert. Auf zu neuen Ufern!

Bildquelle: Eigenes Bild