Sicher gibt es viele Bilder mit glücklichen Kindern, die sich einen Keks greifen, um ihn genussvoll zu verputzen. Bestimmt finden Sie auf Ihrem Smartphone auch solche berührenden Motive. Ob Sie Bilder mit fröhlichen KollegInnen und den berühmt-berüchtigten Konferenz-Keksen finden, darf bezweifelt werden. Bei mir jedenfalls kam nie Begeisterung für die staubigen Kalorien auf. Wenn also der neue Chef der Keks-Fabrik Bahlsen laut über Innovationen nachdenkt und meint, dass man dort „noch mutiger“ werden will, dann kann man ihm nicht widersprechen.
Und bei der Gelegenheit wird dann auch gleich das neue Verpackungsdesign der Marke Bahlsen über Bord geworfen. Grund ist, dass es den Konsumenten „zu elitär und distanziert“ erscheint, und vielleicht ist auch deswegen der Absatz in diesem Jahr „zweistellig eingebrochen“ (Handelsblatt 22.10.2013). Denkbar ist aber auch bei solchen „Unglücken“ eine Kombination aus Preisanstieg, Innovationsdefizit und Designfehlern. Jedenfalls ist das Design seiner Rolle als Verkaufsförderer nicht gerecht geworden. Auch ich halte das Design mit dem dominierenden Bahlsen-Schriftzug für zu überheblich und im Regal für zu aufdringlich. Der Kunde weiß, dass das Produkt ihn als Käufer braucht und nicht umgekehrt. Deswegen wäre ein demütigeres Design die bessere Alternative.
Innovation und Design – nach meinem Verständnis eigentlich ein Dreamteam. Allerdings nicht nur vereint im zukunfts- und wettbewerbsfähigen Produkt, sondern im Pas de deux tanzend während des Ideen- und Entwicklungsprozesses. Zwei hervorragende Solisten, die sich gegenseitig verstärken und für das Publikum zu einem kulturellen Höhepunkt in der Aufführung werden. Aber leider ist das in der Wirtschaft nicht die Regel, und so werden Innovation und Design oftmals völlig unabhängig voneinander eingesetzt. Manchmal ist es Unerfahrenheit in der Organisation oder Angst vor der Kreativität, die das verhindert. Jedenfalls werden viele Unternehmen mehr Mut im Management brauchen, um die notwendigen Initiativen für nachhaltige Innovationen auf die Bahn zu bringen.
Inzwischen dürften viele Unternehmen und Organisationen verstanden haben, dass Business-as-usual zu Ende ist. Dieses „Wir haben das noch nie so gemacht!“ wechselt von der Killerphrase für Kreativität zum Hoffnungsträger für Innovation. Verantwortlich ist eine Wirtschaft der zwei Geschwindigkeiten – die Wahrnehmung der neuen Paradigmen wächst in den Innenwelten der Firmen langsamer als die Veränderung der Rahmenbedingungen in ihrer Außenwelt, dem Marktumfeld. Die Probleme sind schneller da, als sie in ihrer Komplexität und den daraus entstehenden Konsequenzen verstanden werden. Um einer solchen Asymmetrie zu begegnen, braucht es die Synästhesie des Designs und die Synergien der Kreativität, um die Symbiose der Innovation zu aktivieren. Das Dreamteam Richtung Zukunft …
