Employability – die Vergangenheit vordenken

Eine Sache ist die wissenschaftliche Analyse von Studiengängen im Design. Eine ganz andere Sache ist die Entwicklung solcher Studiengänge. Sie bietet die Chance, die Theorie auf die Füße zu stellen und zu schauen, ob sie sich in der akademischen Praxis bewährt. Wir zögerten daher nicht lange, als wir ­ Ulrich Kern und Petra Kern ­ vor einigen Jahren die Anfrage erhielten, zwei Design-Studiengänge neu zu planen. Pionierarbeit war gefragt. Denn es ging nicht nur um eine neu zu gründende Berufsakademie und deren Studienangebot, sondern auch um duale Designstudiengänge – also die Verbindung von Berufsausbildung und Bachelorstudiengang. Im Design eine Rarität!

Dass wir die prospektiven Berufschancen zum Ausgangspunkt nehmen, stand schnell fest. Schließlich ist Employability ein fest verankertes Ziel von Studiengängen, auch wenn es in der reinen akademischen Luft vielen als anrüchig gilt. Ein Missverständnis! Denn Employability meint nicht das Hier und Jetzt von Berufen, sondern deren innovative Zukunft. Dafür ist zu imaginieren, wie die Berufswelt aussehen wird, wenn das Studium für die künftigen AbsolventInnen bereits Vergangenheit ist. Es gilt, ins Offene vorzudenken!

Welche Kompetenzen brauchen junge Kreative heute, um morgen am Markt mit innovativen Leistungen Spuren zu hinterlassen? Welche Chancen bietet die Kreativwirtschaft morgen? Welche neuen Potenziale birgt Design? Fragen dieser Art stellten wir uns, als wir Konzept und Curriculum der beiden Studiengänge ­ für Produktgestaltung und für Designmanagement ­ entwarfen. Der berufspraktische Teil war bereits gegeben und in das Studienkonzept zu integrieren. Wie sollte aber der wissenschaftlich-akademische Teil aussehen? Unsere Analyse zeigte, dass es sehr viel mehr als die traditionellen gestalterisch-entwerferischen Studieninhalte braucht, wenn es darum geht, kreative ProblemlöserInnen mit übergreifender Kompetenz für komplexe Aufgaben des Marktes auszubilden. Eine Multiperspektivität der beruflichen Entwicklung sollte am Studienende stehen, so lautete unser Credo. 

Die Studienkonzepte sahen daher vier gleichgewichtete Modulstränge vor, die den gesamten Studienverlauf prägten und das Verständnis von Design breit auffächerten: Design als sinnlicher Wert in „Gestaltung & Ästhetik“, als intellektueller Faktor in „Konzept & Entwurf“, als ökonomische Erfolgsgröße in „Wirtschaft & Organisation“ und schließlich als sozialer Impact in “Gesellschaft & Kultur“. Das innovative Wagnis – duale Designstudiengänge mit multiperspektivischer Ausrichtung – durchlief zu unserer großen Freude erfolgreich die notwendigen Akkreditierungsprozesse. So konnte der Lehrbetrieb zügig starten. Obendrein gab es noch doppeltes Lob: Zum einen vom Wissenschaftsrat für die erfolgreiche Ausweitung des dualen Studiums auf die Kreativwirtschaft und zum anderen vom Bundesinstitut für Berufliche Bildung für die neuartigen Curricula, die im Design neue berufliche Perspektiven erschließen. 

Bildquelle: Eigenes Bild