Berufsbild im Design – der blinde Fleck der Domäne

Wer hätte das gedacht? Es gibt eine berufliche Domäne ohne besonderes Interesse, ob sich ihr Berufsbild zeitgemäß erneuert, ob ihre Ausbildung der veränderten beruflichen Praxis gerecht wird und ob ihr Nachwuchs vom erzielten Einkommen gescheit leben kann. Die Rede ist vom Design. Als ich im Rahmen meiner Forschungsarbeit recherchierte (Kern 2020: 137ff.), wie diese Domäne zum Thema Employability steht, wurde offenkundig, wie sehr im Design diese zentral wichtige Aufgabe verdrängt wird. Ein riesiger blinder Fleck! 

Zwar preschen hin und wieder einzelne Protagonisten vor und hinterfragen punktuell das Berufsbild, aber von einer breiten Debatte – geschweige denn von Handlungsansätzen – ist das Design meilenweit entfernt. Werfen wir einen kurzen Blick auf wesentliche Akteure (s. Grafik): Hier zuerst die Lehrenden, ihre Lehrbücher, Fachpublikationen und Hochschulveranstaltungen. Berufsbefähigung ist ein Randthema, das überwiegend in die Verantwortung der Studierenden verlegt wird. Das Studienziel einer erfolgreichen Beruflichkeit gilt in der Regel stillschweigend als erfüllt, wenn auf eine gestalterische Entwurfspraxis vorbereitet wird. So wird meist auf ein einziges Kompetenzmodell fokussiert – auf das traditionelle Modell der Gestalterpersönlichkeit mit Entwurfstalent. Es gibt nur wenige Stimmen an Hochschulen, die thematisieren, dass sich die Zugänge zur Erwerbssphäre erheblich erweitert haben und die ergänzende Kompetenzmodelle fordern, etwa für eine auf Wissenschaftlichkeit gründende Kreativität. 

Und die berufliche Praxis? Auch für Berufsverbände im Design sind Berufsbild und Berufsbefähigung nur marginal. Sie delegieren die Verantwortung dafür auf die einzelnen DesignerInnen (z.B. Weiterbildung in Eigenregie) oder auf die große Politik (z.B. soziale Absicherung von Solo-Selbstständigen). Von Hochschulen erwarten sie keine Berufsbefähigung. Kurios, denn diese sind doch spätestens seit 1999 in der Employability-Pflicht. Bei den wenigen verbliebenen Fachzeitschriften ragt die Page heraus, die regelmäßig der Frage nachgeht, wie der Design-Nachwuchs auf die enorm gewandelten Kreativberufe vorbereitet wird. Sie fängt hierzu einzelne Stimmen ein und spiegelt eine Domäne ohne konzeptionelle Antworten auf die Umbrüche ihrer Berufspraxis. 

Bei den Studierenden selbst hingegen scheint es immer wieder zu gären. Unzufriedenheit mit der beruflichen Vorbereitung durch das Studium wird fallweise laut. Aber es sind Forderungen und Aktivitäten in Einzelregie ohne strukturelle Unterstützung, die kaum Gehör finden. Und so ist bis heute der Employability-Diskurs in der Designdomäne unterentwickelt. Dabei eröffnet gerade die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft riesige Innovationschancen für ein aktualisiertes Designverständnis. Die Professionsentwicklung im Design geht weiter – ob die Professionalisierung langfristig Schritt hält, haben die Akteure dieser Domäne letztlich selbst in der Hand.

Bildquelle: PhotoAlto (James Hardy)