Larmoyanz ist auch keine Lösung

Typisch deutsch? Sprechen wir öffentlich auf offizieller Ebene über Design in diesem Land, dann werden erst die eigenen Säulenheiligen genannt, dann kommen schon die deutschen Automarken mit ihrer Gestaltung und am Ende wird die Vergangenheit mit Bauhaus noch einmal beschworen. Die deutschen Design-Stars mit internationaler Reputation wie Hartmut Esslinger und Dieter Rams sind inzwischen auch in die Jahre gekommen, Volkswagen hat gerade ein heftiges Stühlerücken auf der Chefdesigner-Ebene hinter sich gebracht, und das Bauhaus ist inzwischen auch nur noch für Nostalgiker ein Thema. Eigentlich fehlt nur noch der Spruch „Früher war alles besser!“.

Was mich enttäuscht, ist, dass die Designdomäne anscheinend nicht in der Lage ist, sich neuen Themen wie beispielsweise einer Circular Economy im Kontext der Transformation oder den Creativity and Innovation Hubs in der Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung so zu öffnen, dass sie wesentliche Beiträge dazu liefern will und kann. Aufgaben gibt es doch zuhauf! Oder sind die Medien etwa auf einem Ohr taub, so dass sie nur hören, was sie schon jahrelang vernommen haben? 

Wenn denn nun eine der letzten Galionsfiguren wie Hartmut Esslinger (frogdesign) abledert und über das Design, die Designbranche und die Designausbildung ein „vernichtendes Urteil“ fällt, dann wäre es doch spätestens jetzt an der Zeit, hier einmal Tacheles zu reden. Wenn das Design für die deutsche Wirtschaft einen so hohen Wettbewerbsvorteil darstellt, wie dem FAZ-Beitrag zu entnehmen, dann müssten doch alle Beteiligten und vor allem die DesignerInnen selbst ein größtes Interesse an einer solchen Auseinandersetzung haben. Nach meinem Verständnis kann man nicht ungerührt zur Tagesordnung übergehen. Erst recht, wenn man „in manchen Unternehmen eher einen Rückzug vom Design“ auszumachen meint. Wenn das eine Tendenz sein sollte, dann müssten bei den Protagonisten der Szene alle Warnleuchten laut und deutlich vernehmbar angehen.

Und dabei lässt sich doch „mit Design die Welt verbessern“. Natürlich kann ich der Aussage nicht widersprechen, hat doch schon in der Vergangenheit das Design mehr als einmal die Welt und die Lebensqualität der Menschen zu einem Besseren geführt. Beispiele finden sich reichlich im Industrial und im Innovationsdesign, im Service- und im Prozessdesign, im Grafik- und im Kommunikationsdesign. Aber irgendetwas muss ja wohl richtig schief gelaufen sein, wenn die Agenda der UN für nachhaltige Entwicklung auf die Mitwirkung von DesignerInnen angeblich verzichtet hat. Warum auch immer, aber dort scheint es das Design nicht ins Bewusstsein geschafft zu haben.

Ja, das Design wird unter Wert gehandelt – meine ganz persönliche Erkenntnis! Als ich vor gut 45 Jahren als Designer vom Studium in meinen Beruf wechselte, gab es schon diese Klage. Aber Larmoyanz ist keine Lösung …

Link: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/frankfurt-will-ein-leuchtturm-fuer-design-werden-18986308.html

Bildquelle: Eigenes Bild