Markierung eines eigenen Silberstreifs

Was ist Design? What makes it tick? Es ist geträumte Realität: Da geht noch was! Es ist gemaltes Leben: Ästhetischer Ungehorsam mit kultureller Provokation! Es ist professionelle Naivität: Versuch macht klug! Natürlich ließen sich die Fragen auch akademisch beantworten und mit ein paar Zitaten von längst verstorbenen Vorzeige-Heroen der Szene garnieren. Aber hier geht es nicht um Vergangenheit, sondern um Aufbruch in die Zukunft. Für mich ist Design die Alltags-Poesie einer modernen, offenen Gesellschaft und auch ein Benchmark für einen kultivierten Wohlstand. Design ist auf der einen Seite Phänomen einer Umwelt, die eine gestalterische Diversität im öffentlichen und privaten Raum praktiziert. Design ist massentauglich und gleichzeitig auch individuelles Auszeichnungsmerkmal. Auf der anderen Seite ist Design auch eine Profession, deren Farbigkeit ständig wechselt und die in einer Wirtschaft, die die dritte Stelle hinterm Komma feiert, immer noch unterschätzt wird. Dabei gibt es inzwischen reichlich Beispiele, die das Gegenteil beweisen. Das Potenzial einer Profession steht in direkter Beziehung zur Persönlichkeit seiner Menschen. Es sind die Menschen, die die Musik der Märkte spielen.

In einer Welt, die in ihrer steigenden Komplexität immer mehr fachliche Spezialisten hervorbringt, sind Menschen, die ganzheitlich und von Anfang bis Ende denken können, immer noch Exoten und Orchideen-Fälle. Die Rede ist von Menschen, die ihre Ideen selber rentabel machen, also in Wertschöpfungsstufen handeln können. Menschen, die ganz unprätentiös die kleinen Wunder in der großen Wirtschaft immer wieder aufs Neue realisieren. Anders kann man es in einer Branche nicht nennen, die durch die Extreme einer für die Müllkippe produzierten Fast-Fashion bis hin zur Haute Couture für die wenigen Schönen und Reichen dieser Welt gekennzeichnet ist. Wer sich in dieser Hölle der diversifizierten Eitelkeiten zurecht findet und seinen Design-Standpunkt findet, der markiert einen Silberstreif für seinen eigenen professionellen Horizont. Die 2014 gegründete spanische Modemarke Paloma Wool ist ein solcher Lichtblick. Sie macht Mode für Menschen mit Selbstachtung durch den Verzicht der Beliebigkeit. Im Unterschied zur Selbstgefälligkeit vieler „My Style“-Dekorationen steht hier die Beziehung zwischen dem Menschen und der Mode und nicht die vordergründige Zur-Schau-Stellung und das sich in den Vordergrundspielen im Zentrum des Konzepts.

Der Beobachter erkennt hier das Design als den Geist des Unternehmens und damit auch als die Seele der Marke. Das Design-Verständnis konzentriert sich nicht nur auf den Entwurf, sondern führt zu einer vertikalen Produktion, die aus einer eigenen Symbiose aus Kreativität für immaterielle Suchprozesse und Kontrolle der materiellen Dimension für Realisierung besteht – unternehmerische Verantwortung für kollektive Konkretisierung persönlicher Träume. Glückwunsch!

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Bildquelle: Stockbyte