Aus Nachlässigkeit und Desinteresse wird Vorsatz!

Sie könnten jetzt Ihre Diät für den Januar planen. Denn in den nächsten Wochen werden Sie zu viel essen und trinken und sich zu wenig bewegen. Zwar werden Sie im Neuen Jahr die alten Laufschuhe rauskramen im festen Glauben an ein neues Leben – was Sport und Ernährung angeht. Aber Ihrer Diät wird der berühmt-berüchtigte Jojo-Effekt folgen und der übliche Alltagsstress macht diese erneute Niederlage auch nicht besser. Ach ja, je älter man wird, je schwieriger wird der Kampf gegen leckere Kalorien und lästige Kilos. Ich weiß, wovon ich rede …

Bei Diäten ist es wie bei der Kreativität: Feste Strukturen und Verankerung im Alltag sind erforderlich. In diesem Interview erklären zwei Insider die fehlende Kreativität bei ARD und ZDF. Als Babyboomer, der mit dem „Haus-Altar“ groß geworden ist, kann ich diesen Mangel anhand der Sendungen im Fernsehen, also der Ergebnisse medialen Schaffens, beurteilen. Als Rezipient muss ich konstatieren, dass mir zu viel Routine und zu wenig Überraschendes geboten wird. Allerdings unterscheide ich Unterhaltungs- von Informationsformaten. Letztere sind häufig nach meinem Verständnis sehr gut, während der eher „seichte“ Teil mitunter jegliche Ambitionen vermissen lässt. Es erinnert an Paul Watzlawick und sein „Mehr desselben“-Phänomen. Im Übrigen lässt es die Vermutung zu, dass man das Publikum für wenig anspruchsvoll hält.

Mangelnde Kreativität immer nur aufs Geld zu schieben, erscheint mir zu kurz in der Argumentation gesprungen. Dabei will ich nicht behaupten, dass Innovationen zum Null-Tarif zu haben sind. Angesichts der Wettbewerbssituation gilt, dass der notwendige Aufwand für Neues gestiegen ist und sogar entsprechende Forschungsphasen vorzuschalten sind. Möglicherweise ist das kreative Defizit auch eher ein systemisches Problem innerhalb der Sendeanstalten. Im Lebenszyklus von Organisationen lässt sich immer wieder ein Prioritätenwechsel erkennen, der sich von kreativer-Un-Ordnung hin zu „resilienter“ Bürokratie verändert und aus fluider Dynamik eine starre Statik werden lässt. Und so wird aus Nachlässigkeit erst Desinteresse und dann Vorsatz, welcher am Ende das eigene Geschäftsmodell gefährdet.

Kreativität muss strukturell verankert und tägliches Brot bei der Arbeit sein, sonst geht es dieser wie der Diät – einmal nach Weihnachten und einmal vor dem Sommerurlaub. Kreativität ist keine Frage von Meetings mit Design Thinking oder Brainstormings, sondern von regulären Prozessen, die sich immer wieder selbst infrage stellen und anschließend neu organisieren. Das hat nichts mit Chaos zu tun, sondern nur mit Professionalität. Es gibt zweifelsfrei Berufe, bei denen steht die Kreativität nicht so hoch im Kurs, aber ganz sicher nicht in den Medien. Es braucht intern wie extern eine kommunikative Präsenz, ohne die es keine kreativen Prozesse gibt, die innovative (und erfolgreiche) Ergebnisse generiert. Und das als Prinzip!

https://www.sueddeutsche.de/medien/fernsehprogramm-ard-zdf-manifest-drehbuchautoren-regie-reformen-inhalt-1.6311311

Bildquelle: Eigenes Bild