Vom Chaos ins Labyrinth zur Lösung

Shit happens! Kurz nachdem ich das Foto für diesen Beitrag machte, kam eine Möwe angeflogen und kackte auf mein Hemd und die Zeitschrift. Volltreffer! Beides, Hemd und Zeitschrift wanderten in den Müll. Da ich nicht an Zufälle glaube, folgerte ich, dass Mutter Natur auf die menschliche Kreativität sch… ! Warum auch nicht, haben wir Menschen doch das Maß der göttlichen Schöpfung nie erreicht. Oder schaffen wir jetzt den Durchbruch mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz – kurz KI? Die Möwe hat es jedenfalls nicht beeindruckt, so despektierlich wie sie auftrat. Aber die Menschheit wird sich durch diesen Möwen-Schiss nicht beirren lassen. 

Zum Thema Kreativität und KI: Was mir in der Diskussion missfällt, ist die undifferenzierte Betrachtung von Kreativität. Es wird getan, als gäbe es nur eine Form, die dann auch meist mit dem („gottgleichen“) schöpferischen Akt verwechselt wird. Gerade in der Verbindung zu KI sollte klargestellt werden, was ausgeklammert bleibt: die kindliche Kreativität, die oft genug noch pädagogisch vernachlässigt wird, und die KünstlerInnen-Kreativität, die gesellschaftlich meist unterbewertet bleibt. Gemeint ist aber auch nicht das spielerisch-handwerkliche Töpfern (als Beispiel für alle Hobby-Kreativen) und das praktisch-technische Tüfteln im Alltag. Sinnvoll in solchen Diskursen wäre wenigstens eine deutliche Unterscheidung zwischen privater und professioneller Kreativität.

Professionell Kreative schaffen aus einem Chaos der Probleme ein Labyrinth der Aufgaben, an dessen Ausgang eine Lösung das Licht der Welt erblickt. Die Arbeitsweise kreativer Menschen ist in der Regel unorthodox, was zu (produktiven) Reibungen mit anderen Disziplinen führen kann. Kreative vertrauen nicht auf den genialen Einfall oder die bahnbrechende Idee. Stattdessen arbeiten sie intensiv, methodisch und systematisch, aber nicht linear oder gar formalistisch. Dabei gehen sie auch Risiken ein und verzichten oftmals auf bewährte Pfade zugunsten möglicher Innovationen. Die hohe Komplexität, die ihren Aufgabenpaketen zugrunde liegt, lähmt sie nicht, da sie gelernt haben, modellhaft zu verdichten. Kultiviert haben sie auch, in kollaborativen Strukturen zu arbeiten. Die romantische Vorstellung des einsamen Genies ist in unserer Wirtschaft längst obsolet. Kreativität als Beruf braucht ein öffentliches Verständnis, das seinem gesellschaftlichen Wert entspricht.

Die Arbeitsweise in der Wirtschaft wie auch das curriculare Verständnis im Wissenschaftsbetrieb werden sich durch KI erheblich verändern. Einerseits ist die wissenschaftlich-technische Herausforderung anzunehmen und andererseits ist viel intensiver an kreativ-originäre Gestaltungsprozesse heranzuführen. Alle kreativen Berufsbilder werden sich verändern und anpassen müssen. Je eher und offensiver dieser Prozess stattfindet, um so besser für die kommende Generation. Damit Kreativität mehr bleibt als ein Mövenschiss!

Bildquelle: Eigenes Bild