Erfindet euch neu!

Was hat Design mit Politik zu tun? Umgekehrt: Was hat Politik mit Design zu tun? Nichts? Nein, sogar recht viel! Beide sollten sich um die Lebensqualität in unserem Gemeinwesen kümmern. Und sie sollten sich eigentlich um die Weiterentwicklung der Sozialkompetenz der Gesellschaft kümmern. Sie sollten sich für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft interessieren. Aber vor allem sollten sie sich für die Umwelt, die Natur, also unsere natürlichen Ressourcen, verantwortlich fühlen. Immerhin sind diese die Lebensgrundlage gerade künftiger Generationen. Und? Können sie es überhaupt noch? Wir haben uns ein Gesellschaftssystem geschaffen, das wir ganz offenbar immer weniger in seiner Komplexität überschauen können.

Ich denke, dass man an dieser Stelle unbedingt zwischen der Sache an sich und den Menschen, die die jeweilige Profession praktizieren, unterscheiden muss. So wie es gute und schlechte Ärzte gibt, existieren auch gute und schlechte PolitikerInnen und auch DesignerInnen. Und – nicht zu vergessen – man kann den Beruf des Politikers und des Designers ergreifen, ohne eine entsprechende Ausbildung oder gar ein Studium. Damit will ich sagen, dass alles eine Frage der Kompetenz der Menschen ist. So gehört hierzu nach meinem Verständnis ein Wertegerüst, das sich in ständiger Diskussion befinden sollte. Mir scheint, dass wir vergessen haben, was elementare Werte sind, und so tun, als wären diese selbstverständlich. Das ist bequem, aber der Sache nicht förderlich. 

Wenn wir über Werte reden, spielen Begriffe wie Wertschöpfung, Wertsetzung und Wertschätzung automatisch mit rein. Es gibt immer noch Unternehmen, die mit Kinderarbeit Geld verdienen. Es gibt immer noch Menschen, die sich ein viel zu großes, schweres Auto kaufen, was die meiste Zeit nicht benutzt wird. Es gibt immer noch gesellschaftliche Leistungsbereiche wie Bildung oder Care Jobs, die als unproduktiv gelten und schlecht honoriert werden. Wir sollten ökonomische, ethische und gesellschaftliche Dimensionen mitdenken. Warum ich das betone? Keines der wichtigen, global-gesellschaftlich relevanten Themen, Probleme, Aufgaben lässt sich in ihrer Komplexität so reduzieren, dass es mono-disziplinär und nur mit dem eigenen Erfahrungs- und Handlungswissen zu lösen ist. 

Und was Design und Politik außerdem gemeinsam haben: Beide sind längst in ihrer Professionalität an einem Punkt angekommen, wo sie mit einem neuen Verständnis, was für die Gesellschaft und künftige Generationen elementar wichtig ist, an die Probleme herangehen müssen. Im Grunde müssen sich beide Berufe neu erfinden, wollen sie nicht als obsolet gelten. So braucht die Politik ZukunftsgestalterInnen, die vorausdenken, vernetzt handeln und integre Narrative kommunizieren können. Und das Design braucht ZukunftsdenkerInnen, die mit wissenschaftlichen Begriffssystemen und kreativen Bilderwelten transdisziplinär modellieren können. 

Bildquelle: Eigenes Bild