Der Wert der Weltverbesserung

Der eine ruht sich auf seinen Lorbeeren der Vergangenheit aus, der andere steigert permanent seine Wettbewerbsfähigkeit. Und dann gibt es immer wieder mal die kleinen Tausendsassas, die wissen wollen, was an der Legende von „David gegen Goliath“ tatsächlich dran ist. Die Rede ist von Marken mit ihren unterschiedlichen Schicksalen. Manche dümpeln leidenschaftslos vor sich hin, andere bleiben ewig jung und sind Teil des Lebens. Weitere wiederum tauchen plötzlich aus dem Nichts auf und sorgen für Unruhe. Es ist dieser Zyklus der Wirtschaft von Leben und Tod, den Schumpeter als den „Prozess der kreativen Zerstörung“ bezeichnete. Was damals noch nach natürlicher Evolution klang, entwickelt sich inzwischen eher zum stochastischen Akt der aggressiven Vernichtung. Der Markt gerät aus den Fugen, und Teile des deutschen Managements stehen dem offenbar hilflos gegenüber (Wirtschaftswoche, 22.3.24; Konkurrenz aus China: Deutsche Manager haben „nicht die richtigen Skills“).

Im Grunde muss heute ein Markenmanagement in ständiger Alarmbereitschaft sein. Selbst schwache Signale möglicher Bedrohungen sind aufzunehmen, um die eigene Substanz für die Abwehr zu stärken. Will eine Marke unter den verschärften Existenzbedingungen eine Zukunft haben, darf sie nicht nur die Sinnprioritäten ihrer derzeitigen Kunden, sondern muss die zukünftigen Werte neuer Communitys in den Blick nehmen. Kunden, die ihre bisherige Marke verlassen, tun dies, weil sie sich von der neuen Marke Besseres versprechen. Schon längst geht es um die Kompetenz der verantwortlichen Menschen und weniger um das theoretische Konstrukt der Marke. Nicht mehr das „Geheimrezept“ ist wichtig, sondern der kreative Umgang durch die KöchInnen. Es ist weniger die Innovation der Marke, die zählt, als die Imaginationsfähigkeit ihrer ManagerInnen. Wie schaffen wir eine Projektion der Zukunft unserer Marke? Wie verändert sich die Welt? Welchen Anteil kann unsere Marke an den Problemlösungen der Zukunft haben? Die hierfür erforderlichen Szenarien lassen sich antizipieren. Gefragt ist die Fähigkeit zum Denken im Futur 2. Wie könnte die Welt aussehen nach unserem zukünftigen Handeln? Es geht zunehmend um die Folgenabschätzung in den eigenen Märkten. Unternehmen sind keine Inseln.

Die Menschen, die hinter einer Marke stehen und über ihr Schicksal wachen, sollten angesichts dynamischer Märkte eine individuelle Metaebene definieren, die den Umwelt- und Kundennutzen klar ausweist. Zu hinterlegen ist, mit welchen Ambitionen die Marke in die Zukunft aufbricht. Dies braucht ein integres Narrativ für die Imagination: die Begründung der ursprünglichen Wertidee, die Umsetzung in das kompatible Wertesystem der Marke, die Wertachtung von Umwelt und Kunden mit dem Ehrgeiz zur Weltverbesserung. 

Was sind wir, die Kunden und unsere Umwelt den Marken wert? Wir warten auf Antwort …

https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/oyess-youcook-und-co-wie-trend-label-traditionsmarken-verdraengen/100003040.html

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