Auf Täuschung folgt Enttäuschung

Kennen Sie Anatole France? Offen gestanden, ich kannte ihn bis dato nicht. Ich suchte einen Einstieg für ein Essay, das sich auf einen ironisch konnotierten Beitrag zum Thema Marke bezieht. Und ich fand das Bonmot „Ironie ist die letzte Phase der Enttäuschung.“ von dem erwähnten Anatole France. Übrigens seines Zeichens Literaturnobelpreisträger von 1921 mit seinen berühmtesten Werken „Die Insel der Pinguine“ und „Die Götter dürsten“. Der letzte Titel, „ein Aufruf gegen den ideologischen und politischen Fanatismus“ (Wikipedia), hat offenbar nichts an Aktualität eingebüßt. (Aber das nur am Rande) Wenn man den Beitrag „Hier könnte Ihr Filmtitel stehen“ liest, könnte einen der Verdacht beschleichen, dass es der Autor an Respekt vor der Bedeutung von Marken vermissen lässt. Seine gewählte Form der Ironie zeigt die Übertreibung durch medial-kulturelle Kommerzialisierung sehr deutlich. Hier kommt das Bonmot von Anatole France ins Spiel, was die Kritik des Zeit-Autors wunderbar auf den Punkt bringt. Die Enttäuschung über die Entwicklung von Marken und deren Bedeutung für Kunden stellt sich nur noch als reines Kopfkino für die Ablenkung und Unterhaltung einer saturierten Gesellschaft dar, die ihren „Purpose“ im Konsum sieht. 

Schade eigentlich, denn unsere auf Höchstleistung getrimmte Konsum-Gesellschaft könnte neue Champions gebrauchen, die in der Transformation der Wirtschaft auch andere Akteure mitreißen. Ich denke, dann hätte das Konstrukt Marke auch wieder eine Chance, ernst genommen zu werden. Wir müssen von der Überhitzung herunter …

Von der Illusion zur Innovation: Ab und an vergleiche ich Eigenmarken mit Markenprodukten, die ich aus dem Regal im Supermarkt nehme. Dabei stelle ich oft keinen Unterschied fest, manchmal gibt es eine Differenz, aber selten liegen die Produkte qualitativ so weit auseinander, dass das Markenprodukt eindeutig unique und besser wäre. Und da sowieso viele Produkte gleichen Ursprungs sind, muss der Kunde der Werbung glauben. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass mir oftmals eine Pseudo-Produktaura „erklären“ soll, woran das Besondere im Markenprodukt zu finden ist. Vielfach sind es nur bekannte Varianten eines Themas statt einer tatsächlichen Innovation, die ein reales Problem neu löst.

Von der Wortschöpfung zur Wertsetzung: Womit wir bei der Werbung angekommen sind. Nach meinem Verständnis sollten Unternehmen besser in den Nutzen neuer Produkte investieren als in Wortgeklingel mit Superlativen. Vielmehr sollten sie die Probleme identifizieren, die eine Transformation behindern, und Lösungen anbieten, die die Transformation der Gesellschaft beschleunigen. Je höher die Marketingkosten für eine Marke in Relation zu Wettbewerbern, je geringer der Nutzen für den Kunden. Auf dem Markt tummeln sich zu viele Marken, die ohne immense Werbeaktivitäten nicht zu verkaufen wären. Würden Sie etwas vermissen?

https://www.zeit.de/zeit-magazin/2023/46/filme-marken-hollywood-barbie-deutschland-vorschlaege

Bildquelle: Eigenes Bild