Mehr Respekt tut not!

Was für ein Dilemma?! Da arbeiten zwei für die gleiche gute Sache und doch zieht der eine den anderen vor den Kadi. Aus der Mikrosicht betrachtet, ist das alles verständlich und nachvollziehbar. Aus Vogelperspektive gesehen, frage ich mich, ob man das nicht einfacher hätte regeln können oder sogar müssen. Immerhin werden in solchen Streitigkeiten viele intellektuelle Ressourcen verbraucht, die – nach meinem Verständnis – angesichts der zentralen Problematik unseres Klimawandels an anderer Stelle notwendiger gebraucht und sinnvoller zur Lösung der eigentlichen Problematik hätten beitragen können. Oder sind das angemessene Opportunitätskosten, die eine demokratische Gesellschaft in einem Rechtsstaat tragen muss und vertragen kann?

Wie dem auch sei. Ich denke, dass wir in unserer Gesellschaft die Kräfte konzentrieren und kanalisieren sollten, die wir brauchen, um eine Transformation zur Nachhaltigkeit erfolgreich zu leisten und in überschaubarer Zeit zu einem vorläufigen Ende zu bringen. In diesem Zusammenhang muss die Wirtschaft als wesentlicher Akteur der Gesellschaft das Konstrukt seiner Markenprodukte endlich neu bewerten – wie die juristische Auseinandersetzung zwischen dm und DUH zeigt. Bewerten in erster Linie im Sinne von neuen wie alten Werten, die der Marke Legitimation verschaffen und eine unternehmensethische Funktion übernehmen. Es gilt, den Sinn des Angebotes zu hinterfragen und mit neuer Bedeutung aufzuladen. 

Jede gesellschaftliche Transformation braucht ihr Wertegerüst, aus dem sich ein Korridor des kollektiven Handelns entwickeln kann. Ich nehme mir die Freiheit des Altersdenkens und behaupte, dass sich Gebote formulieren lassen in Analogie zu den testamentarischen Geboten. 

Hier ein Vorschlag für die Formulierung des ersten drei Gebote für ein neues Markenverständnis: – Ich, dein Kunde in seiner sozialen und natürlichen Umgebung, bin das Wichtigste in deinem Leben. Du sollst nie gegen meine Existenzgrundlagen verstoßen. – Zentraler Punkt des Daseins einer Marke sind die Kunden als Menschen (und nicht als Konsumenten!) und die Natur als schützenswertes Gut (und nicht als Ausbeutungsobjekt!). Zugegeben, ein hehrer Anspruch, aber warum nicht anspruchsvoll?

Das zweite Gebot könnte lauten: – Du sollst deine Profit-Interessen nicht im Namen deiner Kunden missbrauchen. –  Dahinter steckt die Erkenntnis, dass viele unsinnige und schlecht konzipierte Produkte mit dem Hinweis auf den Markt geworfen werden, dass das ja der Kunde so will. Der Kunde kauft, weil ihm Entscheidungszeit und Fachkompetenz fehlen. Und so wird seine Situation ausgenutzt.

Das dritte Gebot könnte lauten – Du sollst deinen Kunden nicht permanent verfolgen. – Ein Begriff wie „Touch Points“ zeigt, dass die Marke den Wunsch hat, wie eine Klette am Kunden zu hängen. Ich denke, Kunden dürfen nicht dauerhaft mit penetranten Werbeaussagen zur Marke konfrontiert werden. Mehr Respekt tut not!

https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/dm-drogeriemarke-urteil-100.html

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