Vom Mann zum Menschen

Wissen macht demütig … Immer, wenn wir uns in unserem Büro mit einem Thema intensiver befassen, tiefer eingraben und neue Details erkennen, dann sehen wir auch die großen Flächen unseres Nicht-Wissens. Das hat einerseits zur Folge, dass der eigene Hunger nach Wissen immer wieder Futter findet und andererseits verhindert es einen möglichen Übermut. 

Vor einem öffentlichen Auftritt zu einem höchst kontroversen Thema wie „Markenmacht und Moral“ am 16.11.2023 in Dornbirn checken wir den Status quo des eigenen Wissens. Dazu gehört eine Bestandsaufnahme der wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Leistungen in historischer Sicht, die wichtige Entwicklungslinien der Professionalität auf diesem Gebiet aufzeigt. Im Mittelpunkt steht aber die Erarbeitung gegenwärtiger Praxis und zukünftiger Perspektiven. Diese reißt eine Programmatik der Werte an, die die Zukunft gestalten will. Oszillierende Kompetenzfelder wie das Markenkonstrukt brauchen die Rezeption der eigenen Vergangenheit und die Antizipation möglicher Zukünfte.

Vom Mann zum Menschen: Vergleicht man beispielsweise die Fachliteratur aus den 1980/90er Jahren mit den aktuellen Ansätzen der Praxis, lässt sich eine Tendenz sehen, die wir „Vom Mann zum Menschen“ im Kontext der Markentheorie bezeichnen. Einzubetten ist diese These in die gesellschaftliche Entwicklung, die in den letzten Dekaden zunehmend von der Fokussierung auf den Mann abrückte. Frauen meldeten, wenn auch langsam, immer selbstverständlicher ihre Ansprüche an – in der Sphäre des Konsums wie auch der Produktion. So konzentriert sich dieser Wandel nicht nur auf die Kundenseite, sondern auch auf die Seite des bis dato männlich dominierten Markenmanagements. VertreterInnen des Markenkonstrukts reagieren heute darauf, dass sich die früher abgegrenzten gesellschaftlichen Rollen von Mann und Frau immer mehr verwischen und vermengen – sowohl im Privaten wie auch im Berufsleben. Spätestens seit der ehemaligen Marketingchefin Tina Müller von Opel weiß man in Deutschland, wie Umdenken gehen kann. Sie hat uns gezeigt, wie „Umparken im Kopf“ funktioniert …

Vom Narziss zum Transformer: Die Zeit, als die Männer den Männern die Welt erklärten, ist nun endlich vorbei – vom Umparken zum Umdenken. Das war selbst im Bereich der Markenentwicklung dringend nötig. Die Zurschaustellung der Selbstverliebtheit vieler Marken ließ offenbar vergessen, dass sich die Welt dreht und dabei weiterentwickelt. Noch 2012 schaltete VW für den Golf VII eine doppelseitige Anzeige mit der Head „Ein attraktives Auto lässt auch den Fahrer attraktiver wirken.“ Das braucht keinen weiteren Kommentar. Anders, wenn in diesen Tagen das deutsche Outdoor-Unternehmen Vaude den internationalen Nachhaltigkeitspreis verliehen bekommt. Das verdient öffentlichkeitswirksame Kommunikation. Das Verhalten von Vaude ist beispielhaft für das Bemühen, die Transformation offensiv anzugehen. Weiter so und mehr davon …

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